Carlo Levis Reisebericht aus dem Jahr 1958 schildert seine Eindrücke von Nachkriegsdeutschland, wo er den Wiederaufbau und den Luxus erlebt, aber auch die Verdrängungen der Vergangenheit spürt. Mit einem ethnographischen Blick erkundet er Münchens Nachtleben und Berlins Weihnachtsmärkte und reflektiert die menschlichen Abgründe in einem von Gewalt geprägten Land.
Carlo Levi Reihenfolge der Bücher
Carlo Levi war ein italienischer Maler, Schriftsteller und Arzt, dessen Werk sich durch eine klare und einfühlsame Darstellung des Lebens gewöhnlicher Menschen auszeichnet. Seine bekannteste Schrift, die aus seiner eigenen Erfahrung des Exils in einer armen Region Süditaliens entstand, trug maßgeblich dazu bei, soziale Probleme auf nationaler Ebene ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Levis Prosa zeichnet sich durch einen nicht-ideologischen, empathischen Ansatz bei der Darstellung alltäglicher Entbehrungen aus und bietet einen eindringlichen Einblick in die menschliche Verfassung. Sein Schreiben besticht durch Ehrlichkeit und ein tiefes Verständnis für die Menschen am Rande der Gesellschaft.







- 2024
- 2005
Im Spätsommer 1945 herrscht in ganz Italien Aufbruchstimmung. Der Krieg ist überwunden, GIs kurven in Jeeps durch die Straßen Roms, junge Frauen bekommen von ihren boyfriends Seidenstrümpfe und träumen von l'America, auf dem Schwarzmarkt gibt es duftendes Weißbrot und Zigaretten, ein lauer Abend, ein Akkordeon und die Freiheit sind Anlaß genug, um die Nacht hindurch zu tanzen, und die Angehörigen der verschiedenen Widerstandsgruppen glauben noch an einen gemeinsamen politischen Aufbruch. Doch schon in der ersten freien Regierungsbildung bröckelt das durch Krieg und Faschismus zusammengeschweißte Bündnis und ergibt sich dem korrupten Ränkespiel politischer Interessen, an dem Italien bis heute krankt. Unmittelbar nach seinem Erscheinen 1950 aus politischen Gründen aufs heftigste kritisiert und diffamiert, geriet der Roman für Jahrzehnte in Vergessenheit. Seit seiner Wiederentdeckung gilt er als eines der bedeutendsten Werke der italienischen Nachkriegsliteratur.
- 1984
Reisebilder aus Deutschland Eine starke, innere Zensur ist - so scheint mir - in allen Lebensbereichen des Landes tätig (in unterschiedlicher und gegensätzlicher aber dennoch ähnlicher Weise im Osten wie im Westen): ein tiefer freiwilliger und unwissender, bewusster und unbewusster Verzicht: eine beständige Selbst-verstümmelung. Alles ist scheinbar normal: auf einigen Gebieten, wie dem Aufschwung von Wirtschaft und Industrie, dem Wiederaufbau, dem Arbeitsmarkt, gibt es glänzende Erfolge; aber man könnte meinen, den Dingen fehle es an jenem Wert, der ihnen allein Echtheit, Authentizität und Vollständigkeit verleiht. Man spürt eine offene Leere, einen verbotenen Punkt, dem man sich nicht nähert. Nachdem ich wieder am Brandenburger Tor vorbeigekommen bin, an den Kanonen der Panzer am Denkmal der Roten Armee, an der schwarzen Heidelandschaft des Tiergartens, nachdem ich den letzten Kaffee im „Pullefass“, auf der Schaukel an der Bar getrunken habe, und ins pflaumenweiche Bett zurückgekehrt bin, schlief ich, eingetaucht in ein vages Gefühl von Hoffnung und Freundschaft, für die Dauer der wenigen Stunden, die mich vom Dämmern des Morgens und der Abreise trennten. Als mich der Wecker jäh aus den letzten Daunen Berlins riss, aus dieser weichen, milden Wärme gezähmter und mütterlicher Vögel.
- 1983
- 1965
Lukanien, am unteren Ende des italienischen Stiefels, ist geprägt von einer tiefen Resignation der Menschen. In Eboli, wo die Zivilisation endet, werden die Bewohner als „Tiere“ betrachtet, da sie glauben, Christus sei nie zu ihnen gekommen. Im Spätsommer 1935 wird der Turiner Arzt Carlo Levi, ein antifaschistischer Aktivist, in diese gottverlassene Region verbannt. Hier begegnet er den von Malaria gezeichneten Gesichtern der Einheimischen, deren karge Lebensumstände ihre Hoffnungslosigkeit widerspiegeln. Trotz der widrigen Umstände gewinnt Levi das Vertrauen der Dorfbewohner, indem er sich dem Kampf gegen die Malaria widmet. Während seiner zwei Jahre in der Region kümmert er sich um die Kranken und dokumentiert das archaische Leben der Bauern. Er beschreibt ihren Alltag, ihre Sorgen, Feste und geheimen Hoffnungen. Levi, als Schriftsteller und Maler, fängt die Essenz des Mezzogiorno ein und vermittelt ein eindringliches Bild der Menschen und ihrer Umgebung. Doch nach seiner Abreise kehren die Bewohner in ihre tristen Lebensverhältnisse zurück, und das Sprichwort „Es regnet auf den, der schon naß ist“ fasst ihre fortwährende Resignation zusammen.
- 1959

