Zuversicht und Resignation
Vom Umgang mit bedrohten Psychotherapien
Tilmann Moser widmet sich den tiefgreifenden psychologischen Folgen von Traumata aus der NS-Zeit und dem Krieg. Seine Arbeit untersucht das komplexe Zusammenspiel von Psychotherapie und religiöser Überzeugung und bemüht sich, die tiefen psychischen Auswirkungen zu verstehen, die diese Erfahrungen hinterlassen. Mosers Ansatz zeichnet sich durch die Bemühung aus, psychoanalytische Erkenntnisse mit praktischer therapeutischer Anwendung zu verbinden.






Vom Umgang mit bedrohten Psychotherapien
Psychotherapie an der Sprachgrenze
Tilmann Moser verbindet kreativ Psychoanalyse, Gestalt und Körpertherapie, um ein Verständnis an der Sprachgrenze zu fördern. Für das klinische Verständnis ist es entscheidend, die emotionalen körperlichen Reaktionen und Zeichen im Psychotherapeuten zu berücksichtigen, was zu einer erweiterten Empathie im therapeutischen Prozess führt. Psychotherapeuten und Psychoanalytiker hinter der Couch hörten lange wenig über die präpsychischen und psychischen Vorgänge in Säuglingen, die weit entfernt von der noch nicht entwickelten Sprache erfasst werden mussten. Dank der Säuglingsforschung wissen wir nun, dass Säuglinge der Mutter Zeichen geben, die ihren Umgang mit ihnen beeinflussen. Diese Zeichen ermutigen die Mutter, den Säugling richtig wahrzunehmen und zu behandeln, was die Entwicklung eines sprachlich kompetenten Selbst fördert. Der Übergang von averbaler zu verbaler Verständigung bleibt jedoch ein komplexes Rätsel. Lange Zeit resignierte die Psychoanalyse, wenn es darum ging, hinter die Sprachgrenze zu blicken und dort Wesentliches zu erkennen. Heute beschäftigen sich zahlreiche Disziplinen weltweit mit dem Verhältnis von Geborgenheit, Spüren, Fühlen, Bewegen und den Anreizen zur Lust und zum Spracherwerb, sowohl in der Grundlagenforschung als auch in der Psychotherapieforschung.
Ein satirischer Roman
Der Glaube an die jungfräuliche Geburt Mariä wie das Dogma von ihrer leiblichen Himmelfahrt haben unzählige andächtige wie unandächtige Zweifler durch die Jahrhunderte der Christenheit beschäftigt. Tilmann Mosers satirischer Roman spielt die Vorstellung durch, es habe ein einziges Mal einen heimlichen nächtlichen Besuch von Joseph bei Maria gegeben. Ein lüsterner Witz unter Jugendlichen gab ihm Anlass, diesen Gedanken und die Folgen für die Kirchengeschichte durchzuspielen, ebenso wie eine weit verbreitete Scherzpostkarte mit dem Text "Übrigens, Joseph hat alles gestanden". Sollte das Paar durch eine Intrige des Hohen Priesters Kaiphas erpresst worden sein, bei der Räuberpistole bis zur Kreuzigung mitzuspielen? In Monologen und Dialogen wird die Geschichte als dramatische Verstrickung zwischen allen Beteiligten durchgespielt.
Gedichte in Prosa
Tilmann Moser schildert in Form von Protokollen eine aufwühlende kurze Liebesbeziehung, die in tragischem Verstummen endet. Nacherlebbar ist das so hoffnungsvolle wie schmerzliche Auf und Ab der Gefühle, die den Leser vielleicht an eigenes Erleben zu erinnern vermögen.
Tilmann Moser diskutiert aus psychoanalytischer Sicht aktuelle politische Vorgänge und politisch-historische Prozesse, die in älterer und jüngster Zeit Aufsehen erregt haben. Ihm gelingt dabei eine Integration von Politik und Psychoanalyse, die ein tieferes interdisziplinäres Verstehen erlaubt, ohne dabei in einen psychoanalytischen Jargon zu verfallen.
Man könnte von einer Liebesgeschichte sprechen, doch die Erwartung darf höher angesetzt werden: gezeigt wird das stufenweise Sich-Nähern und Sich-Entfernen von Lydia zu Paul und von Paul zu Lydia. Ein Psychogramm also, die Darstellung von Eigenschaften und Fähigkeiten zweier Menschen, die sich auf einen Punkt zu bewegen, auf eine gewünschte, übereinstimmende Liebesbeziehung. Als Form der Darstellung ist der Monolog gewählt, in dem sich Lydia und Paul, in ständiger Abwechslung, äußern. Der Monolog gibt die Möglichkeit zu geheimem Bekenntnis, ist das journal intime. Der Leser übernimmt die Funktion des Eingeweihten, er geht, vermutlich, wechselnde Bündnisse ein und erlebt, höchst wahrscheinlich, vergleichbar Erfahrenes. Die Geschichte einer Liebe wird zur Geschichte eines Erwachsenwerdens, eines Reifeprozesses.
Psychotherapeutische Fallgeschichten
In Philosophie, Theologie, Psychologie, Politik und sogar Wirtschaftswissenschaft wird der Mensch heute kaum noch als Ganzes wahrgenommen. Überall geht es um Teilaspekte, Teilidentitäten, Einzelthemen, Fragmente oder lose zusammengehaltene Persönlichkeitsanteile, die je nachdem, was in einer gesellschaftlichen Situation gebraucht oder abgefragt wird, zur Wirkung kommen. Geübte TherapeutInnen vermögen, stellvertretend für ihre bereits resignierten PatientInnen, die zerstreuten Anteile in der Vision einer wiederzugewinnenden Ganzheit zusammenzubringen. Tilmann Moser berichtet im vorliegenden Buch – eine Bilanz aus seiner analytisch-körpertherapeutischen Praxis – von herausragenden Erfahrungen, die seine Arbeitsweise maßgeblich beeinflusst haben und durch die er psychoanalytisches Neuland betreten hat. Das Klinische Notizbuch dokumentiert, wie Psychoanalyse kreativ durch körpertherapeutische und gestalttherapeutische Verfahren bereichert und unterstützt werden kann.
Der gebildete Leser liest moderne Romane, erfreut sich am literarischen Kunstwerk, genießt, leidet mit, identifiziert sich oder wendet sich mit Grausen ab. Der Psychoanalytiker liest, wenn er seine professionelle Wahrnehmung eingeschaltet hat, mit anderen Sinnen: Er erdreistet sich, seine Helden als Patienten zu erleben und zu diagnostizieren. Die in diesem Buch analysierten Texte werden somit zu »Krankengeschichten«, die ganz neue Dimensionen des Verstehens erschließen. Tilmann Moser untersucht Romane von Wilhelm Genazino, Elfriede Jelinek, Philip Roth, Fred Uhlman, Charlotte Roche und das Stück Warten auf Godot von Samuel Beckett auf ihren tiefenpsychologischen Gehalt und stößt dabei auf Erkenntnisse, die unser Wissen über die menschliche Seele auf erstaunliche Weise bereichern.
Ohne die Biografie dieser Zeitzeugin ist das Werk der Staufener Malerin Antje Stocker (*1933) nicht zu verstehen. Ihre bewusste Lebensspanne reicht vom frühen Tod des Vaters über mehrfache Heimatverluste, Einschulung in Berlin, Ausbombung, Klostererziehung, Lehrerdasein, malerische Ausbildung, Jahrzehnte als Kinderanalytikerin, bis hin zum Berufsende und der dann endlich möglichen Entfaltung des Spätwerks. Antje Stockers Bilder kreisen mit ungeheurer Einfühlung um das Thema Beziehung und Familie, geben Einblick in das Glück von Liebe und die Abgründe schmerzlicher Verstrickung. Sie ist Zeichnerin und Malerin in einer Person und wechselt je nach Bedarf von einem Medium ins andere. Tilmann Moser, (*1938) erfahrener Psychoanalytiker und Autor zahlreicher Publikationen, steht staunend vor diesem Schatz an bildnerischer Weisheit und Wahrheit und deutet mit tiefenpsychologischen Mitteln ausgewählte Werke des malerischen Schaffens dieser inzwischen 80jährigen Künstlerin.