Die Erzählerin findet den Bericht ihres Großonkels Fred über seine Zeit im KZ Buchenwald und die Ereignisse der Nacht des 9. November 1938. Sie übersetzt das Dokument und verknüpft es mit den Erinnerungen ihrer Mutter sowie Berichten über den Synagogenbrand. Sie untersucht, warum einige Menschen blieben, während andere flohen.
Hélène Cixous Reihenfolge der Bücher
Hélène Cixous ist eine Schlüsselfigur der poststrukturalistischen feministischen Theorie, deren Werke sich mit Feminismus, dem menschlichen Körper, Geschichte, Tod und Theater befassen. Ihr Schreiben zeichnet sich durch eine tiefe Auseinandersetzung mit Subjektivität und weiblicher Erfahrung aus. Cixous ist bekannt für ihren unverwechselbaren literarischen Stil, der oft Philosophie, Poesie und Autobiografie miteinander verknüpft. Ihr Einfluss reicht in zahlreiche Geisteswissenschaften hinein und inspiriert weiterhin neue Generationen von Gelehrten und Schriftstellern.






- 2024
- 2023
Als die alte Nachbarin zu ihr sagt, es gingen immer die Besten, beginnt sie, den Tod des Vaters neu zu erzählen. Denn ihr Vater war nicht nur der Beste, er ist es noch immer: »der beste aller Menschen, der lebenden und der toten. Von dieser Erklärung an wartete ich auf seine Besuche, und in den Augenblicken grenzenloser Hoffnung auf seine endgültige Rückkehr.« Und während die Mutter den Kindern in eine fremde Zukunft zu entschwinden scheint, kehrt der Vater tatsächlich wieder und wieder zurück. Sein Tod bedeutet für die Tochter das Ende ihrer Kindheit – in der das Butterbrot genau die passende Größe für den Mund hatte, sie dem Boden so angenehm nah war. Nun muss sie sich in der wankenden Welt der Sprache zurechtfinden und ist dabei ganz auf sich alleingestellt. »Ich habe wenig Wörter. Mein Vater, der sie alle besaß, ist so überstürzt aufgebrochen, daß er keine Zeit hatte, sie mir zu geben.« Innen ist Erinnerung an den Vater, an das Kindsein, an das Finden der eigenen Worte. Dieser erste, semi-autobiographische und mit dem Prix Médicis ausgezeichnete Roman Hélène Cixous‘ führt in zentrale Themen des Oeuvres der Kultautorin der literarischen Avantgarde Frankreichs ein. Cixous‘ Mutter Eve Klein, in Osnabrück geborene Jüdin, lernte den jüdischen Arzt Georges Cixous in Paris kennen und ging mit ihm nach Algerien. Georges Cixous hinterließ dort mit seinem Tod im Jahr 1948 Frau, Sohn und die zehnjährige Hélène – die es fortan zu schreiben drängte, wie sie später betonte: »Mein Schreiben ist in Algerien geboren, von einem verlorenen Land, von einem toten Vater und einer ausländischen Mutter. In einem bestimmten Augenblick wird für den, der alles verloren hat – ob einen Menschen oder ein Land –, die Sprache Land. Man tritt in das Land der Sprachen ein.«
- 2023
Algériance
Dekonstruktion des Kolonialen
Hélène Cixous ist 1937 in Algerien geboren und hat dort ihre Kindheit verbracht. Die Erfahrung des kolonialen Algerien, des Vichy-Regimes, des Status als Französisch sprechende Juden, als Tochter einer aschkenasischen deutschen Mutter und eines sephardischen algerischen Vaters reflektiert Cixous seit Jahrzehnten in ihrem Werk. In zahlreichen Facetten dekonstruieren die Texte dieses Bandes das koloniale Projekt mit seinen etlichen Ebenen der Unterdrückung. Sie verbinden Theorie und Autofiktion, Poesie und Philosophie zu einer besonderen Gattung von literarischer Arbeit am kolonialen Gedächtnis und seinem Erbe in der Gegenwart. Jenseits von identifikatorischen Aneignungen entfalten sie ein Schreiben der Relationalität, das in Körpern und Sprachen denkt. Im Verhältnis von Zeiten, von Tieren, Menschen, Lebenden und Toten eröffnet es neue Wege und Horizonte: „Als Vergangenheit haben sie die gewaltlose Zukunft, von der wir gemeinsam träumen.“
- 2023
Dieses Buch ist ein Gedächtnisspaziergang, dem ein Zitat Hamlets – Wir trotzen den Vorzeichen: We defy augury (Hamlet, V, 2) – seinen Namen gibt. Ihr ganzes geheimes Lieben und Leben lang haben die Liebenden den Vorzeichen getrotzt, und es lässt sich nicht entscheiden, ob sie es wissentlich getan haben oder nicht. Wie auch hätten sie die vielen Vorzeichen erkennen und deuten können, die ihnen das Schicksal beispielsweise damals zugespielt hat, als sie, in nächster Nähe zu Heaven , im Restaurant in der 107. Etage der Twin Towers zu Tische saßen? Und dennoch, sagt das Buch, scheint Isaac immer schon geahnt zu haben, was später dann uns allen zugestoßen ist … Es wird darum gehen, die Vorzeichen jetzt zu lesen, jetzt, wo die Twin Towers nicht mehr sind und der ewige Geliebte tot ist. Dabei entsteht aber keine Klage, sondern eine Art hohes Lied auf das Leben als immer neu sich erfindender Widerstand gegen jene Mächte, die es auslöschen wollen.
- 2023
Hélène Cixous führt ihre Leser:innen in diesem Buch noch einmal nach Osnabrück, in die Geburtsstadt ihrer Mutter Eve. Dabei verwebt sich das Schicksal Eves mit den Hexen- und Judenverfolgungen, die dort stattgefunden haben. So wie die Schreibende im Herzen Osnabrücks auf die wohlverwahrten Ruinen der ermordeten Synagoge stößt, in ein säuberliches Mahnmal hinter Gittern geschlichtet, so stößt sie auf ein ordentlich gehaltenes Inventar von Eves Leben, gut verstaut in einem großen schwarzen Koffer. Dieses Inventar beschwört die Ruinen von Eves Leben als Hebamme in Algerien herauf. Als Jüdin floh sie aus Osnabrück, lange bevor die Nazis deutschlandweit die Macht ergriffen. Als Hebamme, als Frau und also Hexe floh sie 1971 mit ihrem Leben in einem schwarzen Koffer aus Algerien, ohne den Verfolgern die Zeit zu lassen, sie ein zweites Mal anzuklagen und einzusperren. Ein Buch, das zu verhindern versucht, dass das Lesen an den sauberen weißen Gebeinen der Ruinen abgleitet.
- 2023
Mit diesem Band werden zwei wegweisende, aufeinander respondierende Texte von Hélène Cixous und Jacques Derrida in deutscher Übersetzung verfügbar, begleitet von einer ›Übersetzungsfuge‹ von Claudia Simma, die auch die Übersetzung aus dem Französischen besorgt hat. Derridas und Cixous’ Texte basieren auf Vorträgen im Rahmen eines Kolloquiums des Collège International de Philosophie gemeinsam mit dem Centre d’études Féminines de l’Université Paris-VIII in Paris (18.–20.10.1990), die 1994 publiziert wurden. Cixous’ Text, der von ihrer einzigartigen Beziehung zu Derrida ausgeht, präsentiert sich sowohl als Märchen [»Contes de la Différence Sexuelle« i. O.] wie auch als ein indirektes Gespräch zwischen ihr selbst und Jacques Derrida, dessen Texttitel [»Fourmis« i. O.] wiederum aus einem erzählten Traum Cixous’ ›entlaufen‹ ist. Beide entfalten ihre Reflexionen über die sexuelle Differenz entlang dieser Versuchsanordnung, indem sie der vermeintlichen Eindeutigkeit einer binären Vorstellung von »Gender/Genre« eine Vielzahl historischer, logischer und struktureller Schattierungen hinzufügen. In Distanz zur reduktiven Annahme einer »Trennung« der Geschlechter wird so die Notwendigkeit einer volatilen Segmentierung, einer immer neu zu leistenden Re-Artikulation der sexuellen Differenzierung entwickelt, entsprechend der dekonstruktiven Prämisse, dass jegliche dahingehende Einordnung nur »eine Szene der Lesart der sexuellen Differenz« sein kann, da gerade die sexuelle Differenz ihrer Lektürebedürftigkeit nicht zu entkommen vermag. Entsprechend folgen beide Theoretiker*innen in ihren Lesarten den Uneindeutigkeiten der etymologischen Genealogien und phonetischen Allusionen des verwendeten Vokabulars, um das komplexe Eigenleben dieser »animots«, beständig zwischen Philosophie und Literatur schreibend, zu ermessen.
- 2022
Liebes Tier
Für Kinder und Erwachsene
- 2022
Gespräch mit dem Esel
Blind schreiben
- 2019
Bis zum letzten Wort hat Eve die Odyssee ihres Sterbens schon in die drei Hefte diktiert, aus denen H. dieses Epos hier abschreibt. Unverhoffte Hilfe findet sie dabei in Eves eigenen Heften aus ihrer Ausbildungszeit als Hebamme: Geburt ohne Schmerzen. Eve macht H. zur Mutter des 103 Jahre alten Kindes, das sie geworden ist. Nach dem entscheidenden Angriff der Armeen des Todes am 13. Januar ist medizinisch zum Leben nichts mehr da. Aber Eve ist das Leben selbst. Mit Hilfe der Hefte tastet sich das Buch durchs eisige Dunkel der geweiteten Zeit Zuspät, durch das blinde Jenseits der überzähligen Wochen, lange nachdem die letzte Stunde eigentlich geschlagen hat. Eve auf dem Rücken, in ihrer Barke für immer, erfindet für H. ein Sterben, das ein Bleiben ist. H. auf den Knien, bald auf der einen, bald auf der anderen Seite des Pflegebetts, treidelt im Schlamm der Zeit ohne Datum. Jeden der zahllosen Tode hebt sie auf, jedes Gesicht und jeden der letzten Momente, den letzten Schluck Wasser, das letzte Wort, den letzten Kuss. Wie hätte sie heute zu sprechen vermocht, hätte sie nicht die Spalte von Mamans noch lauen Lippen mit ihren Lippen versiegelt, hätte sie nicht ihren Mund auf Eves Mund gelegt um leidenschaftlich seine neue Kälte zu kosten?
- 2019
Ein Briefwechsel zwischen den Schriftstellerinnen Cécile Wajsbrot und Hélène Cixous über den Stellenwert Deutschlands und der deutschen Sprache in ihrem Werk sowie ihren Bezug zum Gedächtnis ihrer jüdischen Familien. Die in Frankreich aufgewachsene Cécile Wajsbrot lernte Deutsch in der Schule, um das Jiddisch zu verstehen, das ihre Großmutter sprach. Hélène Cixous, die ihre Kindheit in Algerien verbrachte, wuchs mit dem Deutsch ihrer Mutter und Großmutter auf – Sprache der Vertrautesten, Sprache von Geflüchteten, deren Kenntnis jedoch, einmal in der Schule, von der Deutschlehrerin angefochten wird. Unhintergehbare Mehrsprachigkeit, Sein zwischen den Sprachen und mit den Sprachen: Am Schnittpunkt von persönlichem und literarischem Zeugnis denken die beiden Autorinnen hier mit den vielsprachigen Stimmen ihrer Familien und der Literatur über Einschreibungen des Vergangenen in die Gegenwart nach, über den Umgang Frankreichs und Deutschlands mit der Geschichte, über vergangenen und drohenden Verlust. Sie geben ein anschauliches Beispiel dafür, wie das literarische Erinnern auf die Gegenwart antworten und diese auf eine Weise gedacht werden kann, dass sie ihre Verantwortung für die Zukunft wahrnimmt.

