„„Die werdende Form“ – ist eine Leitidee, die dem Leben und Wirken Reinhard Moceks Rahmen und Richtung gegeben hat. Sie ist – bekanntlich – auch der Titel eines seiner herausragenden Werke zur Geschichte und Philosophie der Biologie [...].“ Die Herausgeber beginnen ihre einführende Laudatio auf Reinhard Mocek mit obigem Werkbezug, der sich auch im Titel der Festschrift auffängt, die Wegbegleiter und Schüler, Kollegen und Freunde versammelt und zu Wort kommen lässt.
Ästhetische Gestaltung steht nicht in Konkurrenz zur Wahrheitsorientierung der Wissenschaft, sondern ist ein Element des Wahrheitsanspruchs. Nicht obwohl, sondern weil Wissen gestaltet ist, kann es sich der kritischen Prüfung aussetzen. Das Ziel dieses Buches ist die Schärfung des Blicks für die Vielfalt dieser Aspekte. Es versammelt kultur-, sozial- und naturwissenschaftliche Beiträge und dokumentiert die anregenden Diskussionen, die sich über disziplinäre Grenzen hinweg ergeben.
Inhaltsverzeichnis: W. Krohn / G. Küppers / H.-J. Krug untersuchen die grundlegende Thematik der Organisation in der neuzeitlichen Wissenschaft. E. Keßler thematisiert die Selbstorganisation in der Naturphilosophie der Renaissance. W. Krohn und G. Küppers analysieren Kants Ansätze zur Theorie der Selbstorganisation. H. Rieter vergleicht mechanistische und organismische Ansätze in der Wirtschaftswissenschaft, während M. Hutter den Organismus als Metapher in der deutschsprachigen Wirtschaftstheorie betrachtet. H.-G. Bartel beleuchtet Johann Wilhelm Ritters Gedanken zur Selbstorganisation. H.-J. Krug beschreibt die Herkunft und Geschichte des Begriffs Autokatalyse. R. Mocek diskutiert Hans Driesch und die Frage nach einer finalen Harmonie in der Morphogenese. F. Schweitzer verknüpft Goethes Morphologie-Konzept mit der heutigen Selbstorganisationstheorie. A. A. Pechenkin stellt die Andronov-Schule als Quelle der Synergetik in der UdSSR vor. M. G. Ash thematisiert Holismus und Selbstorganisation in der Psychologie anhand der Gestalttheorie. E. J. Brunner behandelt die Entwicklung des Konstruktivismus in der Psychologie. M.-L. Heuser-Keßler analysiert Keplers Theorie der Selbststrukturierung von Schneeflocken im Kontext der neuplatonischen Mathematik. K. Mainzer gibt Anmerkungen zu Chaos, Selbstorganisation und Symmetrie in aktuellen Forschungsprogrammen. U. Niedersen präsentiert Leben, Wissenschaft und Klassifikation aus dem Nachla
InhaltsverzeichnisInhalt: Philosophie der Natur und romantische Naturphilosophie - Wissenschaft und Metaphysik/Überlegungen zu einer allgemeinen Selbstorganisationstheorie - Selbstorganisation im 19. Jahrhundert - Zur philosophischen Bedeutung des Paradigmas der Selbstorganisation für den Zusammenhang von Naturverständnis und Selbstverständnis - Das mehrdeutige Selbst/Maturanas Konzept philosophisch betrachtet - Gehirn und Selbstorganisation - Auf der Suche nach dem Ka ninchen von Fibonacci: oder Wie geschlossen ist das Wissenschafts system? - Hyperzyklus in Recht und Organisation - Selbstorganisat ion in der Entstehung des modernen Wissenschaftssystems.
Das Buch bietet einen neuen Ansatz, die Funktionsweise der Wissenschaft zu erklären und vor allem das traditionelle Nebeneinander von wissenschaftstheoretischer und -soziologischer Analyse zu überwinden. Krohn und Küppers gehen von der Tatsache aus, daß Wissenschaftler neben ihrer Forschung in vielfältiger Weise in außerwissenschaftlichen Kontexten handeln - in der Industrieforschung, im militärischen Bereich, im öffentlichen Gesundheitssystem, im Kultursektor und in der Lehre sowie als Experten für technopolitische, soziale und Bildungsfragen. Tätigkeiten in diesen Umfeldern werden von den Autoren nicht als »sachfremd« oder irrelevant für die Erkenntnisproduktion vernachlässigt, sondern im Gegenteil als diejenigen Funktionen gesehen, über die das soziale System der Wissenschaft sich aufbaut und erweitert. Es entsteht ein komplexes Netz von Institutionen, durch das das Wissenschaftssystem »Definitionsgewalt« in der Gesellschaft erringt und die Legitimationen erzeugt, über die Forschung als Produktion neuen Wissens auf Dauer gestellt werden kann.
„Wissen ist Macht“ - dieses Francis Bacon (1561-1626) zugeschriebene Motto begleitet die neuzeitliche Wissenschaft auf ihrem Siegeszug und flößt heute mehr Angst als Bewunderung ein. Aber wieviel vorsichtiger hatte Bacon sich ausgedrückt: Als „Diener und Interpret“ nur, der „der Natur gehorcht, kann der Mensch sie beherrschen“. Bacon sah sich umgeben von Philosophen, die sich mit Worten der stummen Natur überlegen fühlten, aber ihr doch ausgeliefert waren, weil sie nicht bereit waren, ihr Alphabet zu entziffern; und von Alchimisten, die die Natur und ihre Zuschauer überlisteten, anstatt aufzuklären. Gegen beide setzte Bacon eine neue Philosophie im Dienste der materiellen Wohlfahrt der Menschheit, ein Ziel, das eine neue Einstellung der Menschen zur Natur und zu sich selbst verlangt: Der Mensch muß die Natur erforschen und sich selbst als Forscher begreifen. Bacon, der Jurist und Staatsmann, verstand sein Reformwerk auch als Wissenschafspolitik und ließ nichts unversucht, neue Forschungsinstituionen zu gründen. Der Autor geht diesen Absichten ebenso nach wie den Beziehungen zwischen Bacons Hauptwerk, der „Instauratio Magna“, und der Gesellschaftsutopie „Neu-Atlantis“ sowie Bacons Auseinandersetzung mit der Alchimie, Magie und Rhetorik der Renaissance, Themen, die auch heute wieder diskutiert werden.