In diesem Buch werden Petrarcas "Triumph der Zeit" und der "Triumph der Ewigkeit" als Farbraum entfaltet (übersetzt und transponiert) über die kombinatorischen Couleurs von "Buntordnungen". Dabei gehen experimentelle Untersuchungen über das Erkennen und Empfinden der Farben, Helligkeiten und ihrer Kombinationen, Farben und Wörter seltsame Liaisons ein: von der Vielfarbigkeit gegenstandsloser Vorstellungen über die ummantelnden Bewandtnisse buntgeformter Polygone in Zuschnittsformen figurativer Vielflache, die wie purzelnde Akteure mit Kautelen durch den Text stechen und quasi als Joker offener Formen Blatt für Blatt aufschließen dabei - als Triumph, als Spiel ums Spiel. Dabei überlisten sich die Farben zu namentlichen Augenblicksgöttern Ton in Ton in mehrdimensionalen Farbräumen einer rigiden Geometrie der Begeisterung, die sich ausmalt von Lukrez über Bernhard Riemann und Bernhard Bolzano bis zum späten Wittgenstein. „Die optische Gestaltung seiner Gedicht- und Prosabände stellt für Oswald Egger einen eigenen poetischen Akt dar. Über seine Texte sagt er: „Es gibt keinen Faden, den man verlieren kann.“ Die Erkundung von Oswald Eggers Poesie kommt jedes Mal einem Abenteuer gleich“ (deutschlandfunk.de). „So betrachtet auch Oswald Egger die Welt: umherschweifend, erratisch. Seine Reflexionen vermessen genau jenes Grenzgebiet zwischen konkreter und beschreibbarer Wissenschaft und dem poetischen Augenblick, in dem der Blick beginnt, ein Eigenleben zu führen. „Sehe ich den Sinn“, fragt Egger einmal. Haben drei blaue Punkte einen Sinn? Oder nur dann, wenn derjenige, der sie sieht, auch etwas mit ihnen anfängt? Zum Beispiel, indem er drei Stiefmütterchen aus den Punkten herausliest, herausdeutet. Geometrie wird zu Poesie. „Triumph der Farben“ ist nicht nur ein ungemein kluges, sondern darüber hinaus ein über die Maßen schönes Buch, das in der Schriftenreihe der Kunststiftung NRW erschienen ist“ (Platz 8 der SWR-Bestenliste im Februar 2019)
Oswald Egger Bücher






„Ein Mathematiker, der nicht irgendwie ein Dichter ist, wird nie ein vollkommener Mathematiker sein.“ (Karl Weierstraß, Mathematiker). Im Umkehrschluß betreibt der Lyriker Oswald Egger Grundlagenforschung zu den Wechselwirkungen von Mathematik und Poesie: Er begreift beide als verwandte Denkarten, schlägt in seinen Miszellen „mit heiterem Ernst“ den Haken vom Kinderspiel (Himmel-und-Hölle, Finger- und Hüpfspiele etc.) zu Musterbildungen in Geometrie und Text. Sprunghaft (diskret) und stetig zugleich verläuft die Geschichte der Ideen, dieses Buch macht den Weg des Denkens nachvollziehbar: vom Wunderhorn des Volkslieds bis hin zur inneren Metrik von topologischen Räumen der Riemannschen Geometrie. Egger scheut dabei nicht vor komplexen mathematischen Fragen zurück, er nimmt sie beim Wort. In der Tradition von Arno Schmidts „reziproken Radien“ oder Edgar Allen Poes „Eureka“ behandelt er abstrakte Zusammenhänge anschaulich, in sprechenden Bildern und: mit Unterhaltungswert. Der Lyriker kommt dabei fast ohne Formeln aus und – ganz ohne Gedichte. „Ich dachte mir den Wald als Anordnung von Punkten im Grundriß. Wann waren zwei Punkte, Baum um Baum, gegenseitig sichtbar, im Raster, und wann nicht?“
Ist es möglich, einen Berg zu denken, zu dem das Tal fehlt? Wenn man sich Gott und die Welt vorstellen kann, kann man sich z. B. nicht Gott ohne die Welt vorstellen: Was einem vorschwebt, von A bis Z, erscheint oft realer als das, was vor Augen bloß irritiert. Einmal waren Berge Berge, die Täler waren Täler. Nachdem es mehr Dinge zwischen Grund und Grat gibt, als wir träumen können, sind Berge weder Berge noch Abgründe Abgründe: Was einem blüht, mag zugleich auch blühendes Tal sein. In aller Stille rufen Laute einander auf und zu, kaum wahrnehmbar noch, tief von innen und unten. Nachtwach, in Sprache, schwellen die Intervalle an, stets fügt sich eine zweite Stimme zur ersten, dann noch eine, und dann noch und noch: wie ein Echo das Offene durch Wiederholung der Beschränkung auskostet, aber auf immer weniger Wirklichkeit trifft. In Oswald Eggers Val di Non wird man fabelhaft wandern oder einfach nur spazieren gehen. Ein Buch, reich bebildert und illustriert mit zig Einstiegen und auch Verstiegenheiten, mit stillen Verstolperungen hinein in eine unfassbare Fundlandschaft aus Wunderbarem: Wie das wohl sein wird – gelebt zu haben, ohne gewesen zu sein.
Prosa, Proserpina, Prosa
Georg-Büchner-Preis 2024
Wie sieht das Innenleben von Gedichten aus, dem die Erzählung schon verfahrensweise fehlt? Genauer: wie verschweigt ein Text, wovon er handelt (aber nicht womit)? Zwischem dem „Ich“ eines inneren (fast inerten) Monologs und dem, was „Achilles“ schon im Namen schildert (Ich und Alles miteinander), führen und verzwirnen Wortfiguren (wie: ein Leben leben, das Spiel spielen, Tode sterben) zum stummen Gespräch. Dieses reicht von verliebt gesponnen Schnüren bis zum Erzählgarn und auch Funeral ineinander verzopfter Denk-Vorgänge: Beziehungslinien, deren Worte, „wie Blumen“ (in Wörtlichkeit von Ligatur) einander berühren und liieren, sich schneiden, überlagern und wiederhin verlieren - wie die Linien einer Hand. Das Buch ist eins, wenn man es von von vorne bis hinten und von hinten nach vorne gelesen hat: als Fügung auf der ganzen Linie, ohne Ende und Wendung (Wörtlichkeit von Prosa als direkte wie distrikte Rede), in monodischen Einzeilern, die sich „vorschlängeln“ (Wörtlichkeit von Proserpina) und „erstrecken“ im arealen Areal der Poesie der Prosa der Poesie usw. - Überhaupt geht das Wortlose in einem guten Gedicht umher wie die in Homers Schlachten nur von wenigen gesehenen Götter (Klopstock).
Herde der Rede
Poem | Georg-Büchner-Preis 2024
Die Erde - kaum auszumalen - ist der Rede interieur. Und die Herde der Rede aggregieren in Vorstufen der Verschmelzung von Figurenreihen, die vor dem ruhenden Auge vorüberziehen ein Poem von mehr als 1000 neunzeiligen Strophen, Stanzen aus diskreter Stetigkeit. Da schläft Poemander, Hirte der Hermetika, schürt und hütet die Herde seiner überlieferung, welche ihr Wachsein in Sprache erhellt. Der opulente Gedichtband deutet zudem in Glossen sowie ikonischen Lese- und Orientierungshilfen die Möglichkeiten von Lyrik an: ohne hemdsärmelige Krempel der reinen Vernunft dort, wo Sprache aufhört, Kritik ihrer Urteilskraft zu sein, zunft ihrer Zukunft einzugehen in ein selbstredendes Moiré der Rede. Ein Gegengedicht, das Aufmerksamkeit, Erwartung und Erinnerung wortgetreu verflicht in Strängen der lyrischen Tradition. Ekloge, Ode und Lehrgedicht in einem - als anschaulich präzis konzipierte, sinnliche Verstrickung: Nach und nach ist Poesie alles in allem ein Bild.
Ein Sprachschamane der seltenen Art Ilma Rakusa, Frankfurter Rundschau 29.11.2016 schovat popis
Oswald Egger präsentiert zur Jahresfeier 2022 der Nordrhein-Westfälischen Akademie die Ausstellung „poikilia“, die Vielfalt und Komplexität seines künstlerischen Schaffens zeigt. Der Begriff „Buntheit“ umfasst verschiedene Bereiche wie Musik, Poesie und Politik und verdeutlicht die Verschmelzung von Eindrücken in einer zeitlosen Farbkomposition.