Im vorliegenden Band wird Grundlagenforschung der besonderen Art betrieben. Denn vor der Formulierung weitreichender Thesen zur visuellen Repräsentation, zur optischen Konstruktion von Sozietät oder zu einer Poetik der Visualität steht die einfache Frage nach den physischen Augen-Blicken: Wer sieht wen oder was? 12 BeiträgerInnen (aus der Literaturwissenschaft, Medienwissenschaft, Kunstgeschichte, Sozialpsychologie, Geographie) untersuchen konkretes Blickverhalten, wie es auf unterschiedlichen Trägermaterialien inszeniert wird: in literarischen Texten, bildenden Kunstwerken, Filmen und auf Fotographien oder innerhalb einer Testreihe am PC-Bildschirm. Methodisch ergänzen sich dadurch der philologisch-sprachvermittelte, der medial-bildvermittelte und der empirisch-faktenvermittelte Zugriff auf das Phänomen des Blicks. Als Differenz der Wahl erweist sich die zwischen weiblichem und männlichem Blickverhalten. Die Komposition der Blicke codiert aber nicht nur kulturell und historisch teilweise variable Gender-Zuschreibungen, sondern Blicke erfassen Raum und erzeugen Um-Welt. Der Band bietet deshalb weitere 5 Beiträge zur Raum-Wahrnehmung. Blick und Raum verbinden sich über die Kategorie der Physis zu einer möglichen Theorie der Sinnlichkeit.
Waltraud Fritsch Ro ßler Bücher




Seit es Bibliographien gibt, kritisiert man sie und diskutiert die Auswahlkriterien des Bibliographen. Die Forderung nach Vollständigkeit ist indes nie verstummt, auch nicht und gerade nicht hinsichtlich der Erfassung von Literaturgeschichten. In dieser Studie wurden für einen pragmatisch begrenzten Zeitraum 300 Titel zusammengetragen, soweit möglich autopsiert und einführend kommentiert. Verwickelte Redaktionsgeschichten werden ebenso erläutert wie die Gliederung und Konzeption jeder Literaturgeschichte. Ein Namen- und Titelregister sowie mehrere Tabellen erlauben einen ersten Überblick im engmaschigen Beziehungsnetz der Literaturhistoriker.
Literaturgeschichtsschreibung und Mittelalter-Rezeption haben in den letzten Jahren «Konjunktur». Eine Untersuchung zur literarhistoriographischen Präsentation eines mittelalterlichen Dichters fehlt jedoch bislang. Die Verfasserin analysiert die «Tristan»-Kapitel von 233 deutschen Literaturgeschichten und zeichnet Entstehung und Wandel eines Gottfried-Bildes nach. Unter anderem zeigt sie anhand der Literaturgeschichten besonders des 19. Jahrhunderts, daß diese zu Unrecht als heute veraltet gelten. Im Gegenteil antizipieren die Autoren früherer Literaturgeschichten nicht selten Forschungsergebnisse zum «Tristan». Methodisch relevant ist der Versuch, mittels eines Kriterienkataloges eine konsensfähige Definition der Gattung «Literaturgeschichte» zu erarbeiten.