Ergebnisse des 10. Symposiums der Deutschen Arbeitsgemeinschaft von Sportmuseen, Sportarchiven und Sportsammlungen e. V. (DAGS) sowie der 16. Irseer sporthistorischen Konferenz vom 20. bis 22. Mai 2022 in Irsee
In deutschen Sportvereinen waren bereits in der Kaiserzeit zahlreiche jüdische Sportbegeisterte als aktive Athleten, Funktionäre, als Pioniere im Journalismus, als Ärzte und Mäzene zu finden. Ihre Verdienste für die Entwicklung des Sports im Kaiserreich und der Weimarer Republik, ihre Verfolgung unter dem NS-Regime und ihr Engagement im Nachkriegsdeutschland rücken immer stärker ins Interesse der Forschung. Der vorliegende Band knüpft an den derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand an und präsentiert neue Forschungsergebnisse. Den Schwerpunkt bilden Fußballvereine in Schwaben, Franken und Hessen sowie die "Stuttgarter Erklärung" vom 9. April 1933, in der sich 14 süddeutsche Spitzenfußballvereine unaufgefordert verpflichtet hatten, "in der Frage der Entfernung der Juden aus den Sportvereinen" dem Regime entgegenzuarbeiten. Ob und in welchem Umfang sie das taten, wird in diesem Band erstmals umfassend dargestellt.
Mit 16 Einzelbeitragen uber die Geschichte des Benediktinerklosters Irsee im 18. JAhrhundert schlieSSt dieser Band eine Lucke in der Erforschung der Katholischen Aufklarung im oberdeutschen Raum. SChwerpunkte sind die wichtigsten Forscherpersonlichkeiten, ihre Stellung in der Wissenschaftsgeschichte und ihre Beziehungen zur Bayerischen Akademie der Wissenschaften, ferner die in ihren Radien weit uber Schwaben hinausreichenden Korrespondenzen, die naturwissenschaftlichen Sammlungen, die Bibliothek sowie die Pflege der Musik und der bildenden Kunste. Der mit zahlreichen, meist farbigen Abbildungen illustrierte Band belegt eindrucksvoll, wie stark die Irseer Benediktiner mit den aktuellen Stromungen in Wissenschaft und Forschung vertraut waren, auf allen Ebenen die Impulse der Aufklarung kritisch aufgriffen und im Klosteralltag fruchtbar werden lieSSen.
Bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das Fußballspiel als exklusiv männliches Reservat verteidigt. Fußball galt als Kampf- und Mannschaftssport, als Schule der Männlichkeit und als Instanz der Vermittlung militärischer Tugenden. Dagegen wurde der Frauenfußball erst seit den 1970er Jahren von den Verbänden als Sport anerkannt. In diesem Band wird der Aufstieg des Frauenfußballs von einem Objekt der Verachtung hin zu einem Sport- und Medienereignis ersten Ranges beschrieben. Schwerpunkte sind die Gründung der „Damen“-Fußballabteilungen in deutschen und österreichischen Vereinen, der Schul- und Hochschulsport sowie Marketingstrategien für den Frauenfußball und die ästhetische Dimension seiner Darstellung in Werbung, Künsten und Medien. Insbesondere über die ersten, vorübergehenden Anfänge des organisierten Frauenfußballs in den frühen 1920er Jahren und über dessen nachhaltigen Aufbruch seit den späten 1960er Jahren liefert der Band überraschende neue Forschungsergebnisse. Veröffentlicht mit Unterstützung der DFB-Kulturstiftung.
Deutsche Truppen hatten bereits halb Europa im Sturm genommen, als ein NS-Sportfunktionär sich anschickte, seine Vision eines wahrhaft deutschen Angriffsfußballs durchzusetzen. Es war Karl Oberhuber, der Stellvertreter des Reichssportführers in Bayern, der mit superoffensivem „Blitzkriegfußball“ Geschichte schreiben wollte. Dabei stand ihm Sepp Herberger, der damalige Reichs- und spätere Bundestrainer, im Weg. Anfangs konnte Oberhuber Erfolge verbuchen. Doch schließlich gelang es Herberger mit dem ihm eigenen diplomatischen Geschick, sein „Defensivsystem“ beizubehalten und den Rivalen ins Abseits laufen zu lassen. Mit diesem Band wird ein bisher gänzlich unbekanntes und überaus spannendes Kapitel der deutschen Fußball-, Politik- und Zeitgeschichte aufgeschlagen.
Der vorliegende Band beleuchtet die Frage, wie mitteleuropäische Männerklöster der alten Orden im 17. und 18. Jahrhundert ihre Vergangenheit durch Geschichtsschreibung und bildende Kunst vergegenwärtigten. Das von jeher tiefe Traditions- und Geschichtsbewusstsein der Orden erwachte nach Reformation und 30-jährigem Krieg neu und blieb bis in das späte 18. Jahrhundert lebendig. Fast alle Klöster sichteten ihre Archiv- und Bibliotheksbestände, um ihre eigene Geschichte oder die des Ordens zu erforschen. Auch in den bildenden Künsten gab es eine reflektierte Rückschau. Der interdisziplinär angelegte Band vereint kunsthistorische und historische Beiträge von Verfassern aus fünf Ländern zu überregional bedeutenden Klöstern.
Wegen ihres Rufes als „Hitlers Starregisseurin“ ist Leni Riefenstahl (1902–2003) umstritten. Jahrzehntelang stand ihr Engagement als Nazi-Propagandafilmerin im Vordergrund der Diskussion, während die Breite ihres künstlerischen Schaffens oft übersehen wurde. Riefenstahl war eine ehrgeizige Künstlerin, die ihr kreatives Potenzial in verschiedenen Kunstmedien erkundete. Ihre Karriere begann als Tänzerin, bevor sie nach einer Knieverletzung als Sportschauspielerin unter Arnold Fanck arbeitete. 1932 debütierte sie als Filmregisseurin mit „Das blaue Licht“. In der NS-Zeit drehte sie drei Propagandafilme, wobei „Der Triumph des Willens“ der bekannteste ist. Dennoch schuf sie unter dem Naziregime ihren besten Film, einen Zweiteiler über die Olympischen Spiele 1936. In den 1970er Jahren erregte sie als Fotografin Aufsehen, besonders mit ihren Nuba-Bildern aus dem Südsudan. Bis ins hohe Alter blieb sie aktiv und veröffentlichte 1978 den Fotoband „Korallengärten“ und 2002, an ihrem 100. Geburtstag, den Dokumentarfilm „Impressionen unter Wasser“. Der Band untersucht Riefenstahls vielfältige künstlerische Perspektiven und thematisiert sowohl die politischen Funktionen ihrer Werke als auch den oft vernachlässigten „Eigensinn“ ihrer Kunst.
Der Bahnhof avanciert im 19. Jahrhundert zum bedeutenden architektonischen Bautypus. Er ist Symbol und Verdichtungsraum von Mobilität, Modernität und Urbanität. Architekten, Filmregisseure, Maler, Komponisten und Dichter verherrlichen den Bahnhof als „Kathedrale der Moderne“ oder verdammen ihn als „Monstrum an Hässlichkeit und Leere“. Vielfältig-schillernd gestaltet sich auch das alltägliche Leben in und um den Bahnhof. Er ist Schauplatz von Abschied und Wiedersehen, von großen und kleinen Schicksalen. Als in sich geschlossener Kosmos bietet der Bahnhof eine eigene Lebenswelt, in die man anonym ein- und abtauchen kann, die aber auch „Nischen von Heimat“ schafft - nicht nur für Randgruppen und Obdachlose.
Als Massenphänomen hatte der Fußballsport seit den 1920er Jahren enorm an wirtschaftlicher Bedeutung und gesellschaftlicher Akzeptanz gewonnen. Dies fand seinen Niederschlag im Alltagsleben, in Presse und Rundfunk, in Literatur, Film und bildender Kunst. Veränderten sich in den 1930er und 1940er Jahren das Gesicht des Fußballsports und die Sichtweisen auf ihn in den Medien und Künsten? Gab es eine zeitspezifische Fußballsportfotografie oder -karikatur mit unverkennbar nationalsozialistischer Ästhetik? Wie wurde die Symbolik des Fußballspiels eingebunden, gedeutet und (um)interpretiert im nationalsozialistischen Alltag? Diese und andere Aspekte der Kulturgeschichte des Fußballs im Dritten Reich werden in diesem Band behandelt.