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Sexualität und Gewalt

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Das Werk des Marquis de Sade, das noch bis in die zweite Hälfte unseres Jahrhunderts unter dem Bannstrahl der Zensur stand, gehört mittlerweile zu den bevorzugten Untersuchungsgegenständen der französischen Literaturwissenschaft. Angesichts der Fülle der in den letzten Jahren erschienenen Forschungsbeiträge ist es umso erstaunlicher, daß die Themenfelder Sexualität und Gewalt nach wie vor vernachlässigt werden, und dies, obwohl der gewaltpornographische Gehalt der Schriften de Sades geradezu ins Auge springt. Dabei lassen sich die umfangreichen Sexual- und Gewaltdarstellungen keineswegs auf den Sadismus reduzieren, für den der Name des Autors so berühmt-berüchtigter Romane wie Justine, Juliette und Die 120 Tage von Sodom Pate stand. De Sade thematisiert vielmehr das ganze breite Spektrum menschlicher Sexualität und Gewalt in ihren vielfältigen Formen, Funktionen und Bezügen - etwa zu Religion, Politik, Moral und Pädagogik -, wie Meyer anhand ausgewählter Kapitel mit zahlreichen Textbeispielen eindrucksvoll verdeutlicht. Dabei wird stets der biographische, sozial-, sexual- und gewaltgeschichtliche Kontext berücksichtigt, ohne den eine jede Interpretation der Romane de Sades notwendigerweise Stückwerk bleiben muß. Darüber hinaus geht es in Meyers Beitrag nicht zuletzt um die Beantwortung der scheinbar paradoxen Frage, welche Umstände dazu führten, daß ein talentierter Schriftsteller adliger Herkunft in einem Zeitalter zunehmender Humanisierung nahezu dreißig Jahre wegen Bagatelldelikten im Gefängnis verbrachte und dort ein Werk verfaßt hat, dessen Sexual- und Gewaltdarstellungen bis auf den heutigen Tag unübertroffen sind.

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1999

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