Mittelalter-Rezeption im zeitgenössischen Musiktheater
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Die Rezeption mittelalterlicher Stoffe ist im Bereich des Musiktheaters, namentlich der Oper, von Beginn an von großer Bedeutung. Mittelalterliche Literatur, Geschichte und Kunst bilden die Grundlage unzähliger Opern-Libretti, und auch in Operette und Musical spielen mittelalterliche Sujets eine bedeutende Rolle. Allein für den Zeitraum von 1945 bis 2007 können über 350 Werke benannt werden, deren Handlung im Mittelalter spielt oder einer mittelalterlichen Quelle entnommen wurde. Diese Stücke werden in der vorliegenden Studie in einem Katalog mit Titel, Bezeichnung, Daten zum Komponisten, zum Librettisten und zur Uraufführung, Besetzungsliste und Inhalt beschrieben. Die Auswertung des Katalogs erfolgt u. a. unter den Gesichtspunkten der chronologischen Verteilung, der Quellengruppe (z. B. Literatur, Geschichte) bzw. der Sujets und der primären bzw. sekundären Rezeption. Mit Hilfe dieses Katalogs besteht nun die Möglichkeit, aus den verschiedenen Disziplinen heraus – Geschichte, Kunstgeschichte, Philologien, Musikwissenschaft etc. – Einzelanalysen bzw. Gesamtauswertungen zu diesem Thema vorzunehmen oder aber auch einzelne Aspekte umfassend zu bearbeiten. In einem ausführlichen Analyseteil werden die Stücke „Gregorius auf dem Stein“ (Theater der Klänge/Estampie; Düsseldorf 2004), „Wolkenstein. Eine Lebensballade“ (Wilfried Hiller/Felix Mitterer; Nürnberg 2004), „König Rother“ (Doreen Rother; komp. 2006) und „Der Parzival“ (Wang Fei u. a./Simon Werle; Gießen 1998) untersucht. Mit der Auswahl dieser vier Werke wird ein repräsentativer Querschnitt durch die Mittelalter-Rezeption im (deutschsprachigen) Musiktheater der jüngsten Vergangenheit vorgelegt. Während etwa „Gregorius auf dem Stein“ die Gregorius-Geschichte unter Rückgriff auf die mittelalterlichen Fassungen hauptsächlich sekundär über Thomas Manns Roman „Der Erwählte“ rezipiert, bildet in „König Rother“ der überlieferte Text im mittelalterlichen Wortlaut (gekürzt) das Libretto; mit Oswald von Wolkenstein steht in Hillers/Mitterers Oper eine historische fassbare Persönlichkeit im Mittelpunkt, mit Parzival bei Werle hingegen eine der wohl bekanntestes literarischen Figuren der mittelalterlichen Literatur. Der Fokus der Analyse ist auf den Umgang mit den (mittelalterlichen) Quellen und auf den Stellenwert des Mittelalters innerhalb des neu entstandenen Rezeptionsproduktes gerichtet. Auch die musikalische Umsetzung wird dahingehend beleuchtet und mit der Ebene der Text-Rezeption in Beziehung gesetzt, denn im Gegensatz zu früheren Werken wird nun auch häufig musikalisch auf überliefertes Material oder aber auf mittelalterliche Kompositionstechniken zurückgegriffen. In einer abschließenden Gesamtschau auf den Katalog und die Einzelanalysen gelingt eine Einordnung der Mittelalter-Rezeption im Musiktheater in Strömungen der Mittelalter-Rezeption um die Jahrtausendwende insgesamt.