Strategien des Überdauerns
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Seit den frühen Hochkulturen setzte die Beschäftigung mit dem unvermeidlichen Tod mächtige künstlerische Kräfte frei. So ist die Geschichte der Architektur und Kunst durch den Wunsch, das Individuum und seinen Rang dem Vergehen und Vergessen zu entreißen, in starkem Maße bestimmt und gefördert worden. Die alte Tradition, Grabmäler in Hainen zu errichten und mit Gärten zu umgeben, war durch die christliche Bestattungspraxis außer Kraft gesetzt worden; seit dem Mittelalter galt die Bestattung »ad sanctos« – möglichst nah an den Altären der Kirchen – als bindend. Mit der Neuausprägung arkadischer Landschaftsentwürfe im Zuge frühneuzeitlicher Antiketransformationen wurde auch das Motiv des Grabes im Naturraum wieder aufgenommen. Was Maler wie Nicolas Poussin oder Guercino mit ihren »ET IN ARCADIA«-Gemälden im Bild entworfen hatten – Grabmäler inmitten einer idyllischen Hirtenlandschaft –, sollte seit dem späten 17. Jahrhundert in einigen Garten- und Parkanlagen in die Realität umgesetzt werden. Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts wurde daraus eine verbreitete Praxis; Denkmäler und Kenotaphe gehörten zu den grundlegenden Elementen der sogenannten Englischen Gärten mit ihren stimmungshaften Landschaftsbildern. Neben den Scheingräbern entstanden aber auch früh schon echte Gartenbegräbnisse – ein erstaunlicher Vorgang angesichts der christlichen Begräbnistraditionen. Zwar hatte Luther die Trennung von Grab und Altar in der Reformationszeit bereits vorbereitet, doch kam es erst im Zeitalter der Aufklärung zu jener fundamentalen Kritik an den alten Bestattungsformen, die echte Grabmäler in den Erinnerungslandschaften der Gärten ermöglichte. Ein neues, aufgeklärtes Verständnis von Natur und Geschichte und die Transformation antiker Memorialformen führten dazu, daß die Protagonisten der Gartengrab-Bewegung ihr eigenes Überdauern im Medium der Gartenkunst als eine »verbesserte Natur« inszenierten. Das Buch beschreibt erstmals die Entwicklung und die Formen echter Gartengräber von den Anfängen bis zu seinen späten Ausläufern und beleuchtet die Entstehungshintergründe des Phänomens in den Debatten der Aufklärungszeit.