Semilasso in Afrika
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Der Landbesitz des Fürsten Hermann von Pückler-Muskau (* 30. Oktober 1785; † 4. Februar 1871) in Muskau an der Neiße dürfte einer der größten Preußens gewesen sein. Allerdings hatte die aufwendige Einrichtung der Parkanlagen seit 1815 den größten Teil des Familienvermögens aufgezehrt. Im Bemühen den Besitz zu retten, ließ Pückler sich 1826 pro forma von seiner Frau scheiden und reiste nach England, um sich eine neue, möglichst reiche Ehefrau zu suchen. -- Eine solche fand er zwar nicht, doch die tatkräftige Lucie von Pückler redigierte die Briefe, die er ihr auf der Reise geschrieben hatte, fügte sie zu einem Buch zusammen und initiierte damit seinen ersten Erfolg als Schriftsteller. Diese Art des Geldverdienens gefiel dem Fürsten ungemein, und so begann er im Mai 1834 seine Grand Tour, die ihn über Karlsbad und Paris, Bordeaux, Toulon und Algier bis nach Tunis, weiter über Malta und die Peloponnes nach Athen, ferner nach Ägypten und in den Sudan und schließlich über Israel, Syrien, Zypern und die Türkei erst 1840 wieder nach Hause führte. -- Mit der hier neu herausgegebenen Beschreibung seiner Abenteuer in Nordafrika im Jahr 1835 beginnt die Expedition des Semilasso (lat., 'der Halbmüde') rund um das Mittelmeer. Der Fürst referiert die politischen Hintergründe der französischen Besetzung Algeriens, berichtet aus den Hurenvierteln Algiers und gibt die abenteuerlichen (und historisch verbürgten) Lebensgeschichten seiner neuen Freunde und Bekannten wieder. Er speist mit muslimischen Potentaten, wühlt sich auf bewährt nonchalante Art durch die Ruinen in Tunesien und kratzt sich die Flohstiche, die er sich in den Kamelhaarzelten der nomadisierenden Berber zugezogen hat. -- Durch seine Herkunft standen dem Fürsten Türen offen, die kaum ein anderer Reisender ungestraft durchschreiten konnte. So kann er uns vom Hofe des Dey in Algier berichten und erlebt die Aufregungen beim Tod des alten und der Einsetzung des neuen Bey von Tunis. Während er in Algerien mit Offizieren der französischen Besatzungsarmee einen Streifzug in das gefährliche Landesinnere macht, verhandelt ein guter Freund mit dem aufständischen Berberführer Abd el-Kader in Muaskar. Über seine Gewährsleute erhalten wir auch Einblicke in einen Harem oder die (den Christen verbotene) Große Moschee in der heiligen Stadt Kairouan. Ebenso fachkundig wie die politische Situation beschreibt Pückler die historischen Zusammenhänge und bereitet die vieltausendjährige Besiedlungsgeschichte Nordafrikas und des Mittelmeerraumes für uns auf. -- Der vorliegende Band enthält auf 736 Seiten den vollständigen Umfang der bisher einzigen Ausgabe von 1836 (bestehend aus fünf Textbänden und einem Tafelband mit Lithographien), mit allen Abbildungen, einem ausführlichen Register sowie zahlreichen Erläuterungen der historischen Hintergründe und Kurzbiographien der vom Autor erwähnten Personen.