Das deutsche Bildungssyndrom
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„Bildung“ ist ein deutsches Wort, für das es in anderen Sprachen keine Entsprechung gibt. Deshalb müssen in ihnen je nach Kontext verschiedene Wörter für „Bildung“ verwendet werden. Es gibt auch nur in Deutschland eine Geschichte der Bildungstheorie. Sie reicht vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart. In dieser Geschichte konkurrieren zwei Tendenzen miteinander, eine subjektive spekulative idealistische und eine empirische phänomenologische. Während die idealistische dominiert, gibt es von der empirischen nur Entwürfe oder bruchstückhafte Ansätze. Seit dem 20. Jahrhundert bemächtigt sich die Politik ausdrücklich des Bildungsbegriffs und gibt es außerdem eine unüberschaubare Vielfalt von Versionen dieses Begriffs von verschiedenen gesellschaftlichen Verbänden und einzelnen Personen. Daraus resultiert ein Chaos von diversen Meinungen, das schon mit Wilhelm von Humboldts subjektiven idealistischen Spekulationen am Ende des 18. Jahrhunderts beginnt. Das wird durch die Analyse zahlreicher Beispiele von Aussagen über „Bildung“ demonstriert. Sie stammen aus den Bildungstheorien von W. von Humboldt, J. F. Herbart, W. Dilthey und G. Kerschensteiner sowie aus der geisteswissenschaftlichen Pädagogik der ersten Hälfte und aus diversen Publikationen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Diese Analyse wird durch den Nachweis der Unterscheidung zwischen einer empirischen und einer idealistischen Phänomenologie durch Edmund Husserl sowie durch eine Darstellung der fundamentalen Kritik des deutschen Idealismus durch John Dewey unterstützt. Aus den Resultaten dieser Analysen ergibt sich, dass der Bildungsbegriff für die Aufklärung der tatsächlichen Prozesse der Entwicklung des Menschen durch Lernen, Behalten und Anwenden sowie für deren Förderung durch Erziehen unbrauchbar ist. Deshalb ist er auch für jedewede Verständigung über dieses komplexe Geschehen ungeeignet.