Literatur und Verbrechen
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„Die Judenbuche“ der Annette von Droste-Hülshoff, Kleists „Michael Kohlhaas“, Theodor Fontanes „Unterm Birnbaum“ und Karl-Philipp Moritz’ „Vorschlag zu einem Magazin einer Erfarungs-Seelenkunde“ lassen sich auch als Kriminalgeschichten lesen. Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts ändert sich die Auffassung vom unverbrüchlichen Zusammenhang von Schönheit und Tugend einerseits und andererseits abstoßendem Äußeren und Laster. Die Grenzen begannen zu verwischen. Schiller wusste zwar um die „unveränderliche Struktur der menschlichen Seele“ und dass die Natur des Menschen aus der innigsten Vermischung von Seele und Körper resultiert, aber vielleicht lässt sich ein Mord manchmal doch rechtfertigen. Die Literatur gibt da unterschiedliche Antworten und es lohnt sich, diesen nachzusinnen. Auf dem 19. Klassik-Seminar der Hamburger Goethe-Gesellschaft wurde das getan. In vier Vorträgen renommierter Literaturwissenschaftler wurden streitbare Thesen und überraschende Antworten formuliert. Die nicht nur von Gymnasiallehrern besuchte Veranstaltung wurde zum Erfolg. Es ist also äußerst lohnend, die vier Referate nun nachlesen zu können. Prof. Dr. Helmut Koopmann analysiert unterschiedliche Rechtsverständnisse von Einzelnen und Obrigkeit und welche Folgen das haben kann. Dabei präpariert er Unterschiede der Sichtweisen im 18., 19. und 20. Jahrhundert heraus. Prof. Dr. Thomas Wortmann analysiert anhand der „Judenbuche“ Wertewandel und Verwirrnisse in einer dörflich überschaubaren Gemeinschaft und wie sie aus den Fugen gerät. Dr. Christine Hehle widmet sich der Vielschichtigkeit in Fontanes Novelle und wie sie Momente des Unheimlichen transportiert. Prof. Dr. Albert Meier schließlich beschreibt am Beispiel Karl-Philipp Moritz das Studium des Menschen in der Epoche der Aufklärung, unerfreuliche Aspekte des Seelenlebens und die Turbulenzen des Unterbewussten inclusive. So brachte Moritz die neuen Sichtweisen auf den Punkt: „Fakta, und kein moralisches Geschwätz“.