Farbtheorie im Kunstunterricht
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Farbe in ihren unterschiedlichen Facetten ist nicht nur zentral für den Kunstunterricht, sondern für fast alle bildnerischen Gestaltungsbereiche, sowohl alltagsbezogen als auch in der Kunst. Sobald Farbe zum eigentlichen Gegenstand des Kunstunterrichts wird, erfolgt der Zugang zu diesem Thema häufig nur auf eine einzige Farbtheorie verengt, nämlich auf das Modell der sogenannten Primär-, Sekundär- und Tertiärfarben. Orientiert an diesem Theoriemodell werden dann oft kategorisch festgelegte Farbkontraste behandelt. Diese klassische Farbtheorie, die oft schon von der Grundschule bis hin zum Abitur fast durchgehend unterrichtet wird, ist weitgehend deckungsgleich mit der von J. Itten, trifft aber auch auf H. Küppers und andere zu. Diese »klassische Farbtheorie«, die fast nur noch in künstlerisch-gestalterischen Feldern, vor allem jedoch im Kunstunterricht zur Anwendung kommt, ist mit groben Unzulänglichkeiten behaftet und wissenschaftlich nicht haltbar: so wird beispielsweise nicht zwischen Farbe und Farbmaterial unterschieden (Farben sind Sinneseindrücke und können nicht gemischt werden!). Im Übrigen lässt sich aus drei Farbmaterialien niemals die Gesamtheit aller Farben erzeugen. Zudem beziehen sich die Farbkontraste nie auf konkrete Farben, sondern stets auf ganze Farbfelder, was nicht nur zu Überschneidungen und Willkür in der Auslegung führt, sondern auch dem Phänomen Farbe unangemessen ist bzw. nicht gerecht wird. Die Defizite und Unzulänglichkeiten dieser Theorie wirken sich eklatant im Unterricht aus, was auch von kunstdidaktischer Seite aus immer wieder zu scharfer Kritik geführt hat. Bislang fehlte es jedoch gänzlich an entsprechenden wissenschaftlichen Untersuchungen, die sich den konkreten Auswirkungen des Unterrichtens der Farbtheorie im Kunstunterricht widmen. In der vorliegenden Arbeit ist im Rahmen einer qualitativ empirischen Untersuchung auf der Basis von Experteninterviews mit Kunst-Fachleitern und teilnehmenden Beobachtungen von entsprechenden Unterrichtssequenzen erstmals rekonstruiert, was zwischen Lehrern und Schülern, aber auch innerhalb der Schülergruppen passiert, wenn eine defizitäre Farbtheorie wie die oben umrissene vermittelt wird. Die Ergebnisse – sprich die Auswirkungen der Vermittlung der »klassischen Farbtheorie« im Kunstunterricht – sind im Bereich der kunstpädagogischen Grundlagenforschung anzusiedeln und bilden eine Basis für einen alternativen und zeitgemäßen Umgang mit Farbe und Farbtheorie im Kunstunterricht. Eingebettet in die Untersuchung ist eine ebenfalls bislang nicht existierende Darstellung didaktischer Zielsetzungen zum Umgang mit Farbe im Kunstunterricht, die fast alle überwiegend an die Farbtheorie gekoppelt, aber auch ohne sie existieren könnten. Somit weist sich die Forschungsarbeit, deren Fazit Hinweise für einen alternativen Umgang mit Farbe skizziert, nicht nur durch ein neues Fundament für eine zeitgemäße Sichtweise auf die Farbe in der Kunstpädagogik aus, sondern gewährleistet auch in hohem Maße eine direkte Anschlussfähigkeit an die kunstdidaktische Praxis.