Der Weg vom Manuscript zum gedruckten Text ist länger, als er bisher je gewesen ist
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Das Thema: Eingebettet in eine Geschichte der Raubdruckbewegung seit der revolutionären Ungeduld der 68er Jahre werden die 16 Raubdrucke verschiedener Schriften Walter Benjamins in ihrem gesellschaftlichen Kontext und ihrem Verhältnis zum schwierigen Verlauf der offiziellen Benjamin-Edition beschrieben. Im Gegensatz zu Wilhelm Reich oder Michael Ende gehörten die Benjamin-Raubdrucke nie zu den Bestsellern. Sie lassen sich aber als reizvolle Indikatoren für eine veränderte Benjamin-Rezeption beleuchten. Der Bogen reicht von der 93seitigen Sammlung von Benjamin-Texten zu kommunistischer Pädagogik und proletarischem Kindertheater, die 1969 vom „Zentralrat der sozialistischen Kinderläden West-Berlin“ in die Diskussion um „antiautoritäre Erziehung“ gebracht wurde. .über eine Reclam(-Leipzig)-Auswahl von 1970, deren Verbot vom Suhrkamp Verlag durchgesetzt wurde. . bis zum nicht autorisierten Reprint 1996 einer Gedächtnisschrift von Horkheimer und Adorno, die 1942 als hektographiertes Typoskript in Los Angeles in Umlauf gekommen war. Die wechselvolle Wiederaneignung der vergessenen denkerischen Positionen Benjamins wie auch Grabenkriege der Benjamin-Interpretation in der niedergehenden Studentenbewegung werden so en detail faßbar: in einer Darstellung vom Aufstieg und Verfall der Raubdruck- Bewegung, die die juristischen Finessen und Zugriffe gegenüber der Raubdruck-Szene verfolgt, von den Anstrengungen des „Börsenvereins“ bis in die RAF-Ermittlungen durch das Bundeskriminalamt. Zu den interessanten, bis dato geheimen Dokumenten gehören in diesem kriminalistischen Kontext die Gutachten über das linke Buch- und Verlagswesen - ein spezielles „Who-is-who“ der 70er Jahre. Die Vorstellung, mit Benjamin-Raubdrucken u. a. seien Millionen gemacht gemacht und damit die RAF finanziert worden, gehörte zur Paranoia jener Jahre. Der Autor: Albrecht Götz von Olenhusen ist nicht nur in seinem Anwaltsberuf als ausgewiesener Spezialist für Autoren- und Verlagsrecht bekannt. (Jörg Schröder, Motor des März Verlags und im deutschen Justizwesen erfahren, erzählt nicht ungern die Geschichte, wie er Götz von Olenhusen in einem seiner Prozesse als so erfolgreichen Vertreter der Gegenseite kennenlernte, daß er ihn heftig beschimpfte, beim nächsten casus aber sofort selber empfahl.) Durch zahlreiche Veröffentlichungen über die Entwicklung der Raubdruckbewegung (seit 1971 z. B. in Text + Kritik) und seit seiner Mitarbeit an der grundlegenden Bibliogra- phie (Götz von Olenhusen / Gnirß: Handbuch der Raubdrucke, Pullach 1973) ist auch das wissenschaftliche Interesse des Raubdruck-Sammlers einschlägig bekannt. Götz von Olenhusen ist Mitglied der Amsterdamer Walter Benjamin-Gesellschaft. Aus einem Vortrag für den diesjährigen Benjamin- Kongreß ist der Text für unser Buch entstanden. Von Zielgruppen, Basis & Überbau: Die 68er, die wir uns neben Benjamin-Fans und Sammlern der Buchhandelsgeschichte mit als Zielgruppe wünschen, können ihre gemischte Freude haben an der Verwandlung des Interesses der Benjamin-Raubdrucke: von einer ausschließlich marxistischen Vereinnahmung über die Kritik an der „Frankfurter Schule“ hin zum verehrenden Gedenken. Wenn Sie mehr wissen wollen: Einen Prospekt bekommen Sie von Libelle, Sternengarten, CH-8574 Lengwil.