1992: Ende eines Streits
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Die formelle Streitbeilegung in der causa Südtirol 1992 vor den Vereinten Nationen ist auch für die europäische Geschichte von großer Bedeutung: Sie ist der Schlussstrich unter einem jahrzehntelangen Konflikt zwischen Italien und Österreich. Im ausgehenden 19. Jahrhundert verschlechterten sich die Beziehungen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen im mehrsprachigen Habsburgischen Tirol infolge des aufkommenden Nationalismus merklich. Nach dem Ersten Weltkrieg und der Annektion durch Italien verschärfte sich der Konflikt in Südtirol unter dem Faschismus und dem Nationalsozialismus. Er dauerte auch in der Nachkriegszeit an und bedeutete eine lange Zeit der Unterdrückung der lokalen Minderheiten und des gegenseitigen Unrechts. Erst in den 1960er Jahren zeichnete sich eine friedliche Lösung ab, die 1972 zum heutigen Autonomiestatut führte. 1992 konnte der Streit formell beendet werden. Heute gilt Südtirol als Beispiel für die Lösung ethnischer Konflikte durch territoriale Autonomie. Grundzüge der Konfliktlösungsstrategie und einige Elemente der Autonomielösung können – trotz mancher aktueller Probleme in einem gewandelten Kontext – als Bezugspunkt für das Zusammenleben verschiedener Sprach- oder ethnischer Gruppen dienen. Das friedliche Zusammenleben auf der Grundlage von Dialog und Konsens sollte Wesensmerkmal des neuen Europa sein.