Die gefrorene Zeit
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Seit dem Ende des Krieges im ehemaligen Jugoslawien wurden dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes mehr als 30.000 Menschen als vermisst gemeldet. Bis heute konnten nur etwa 15.000 Personen identifiziert werden. Das ist der Hintergrund der Geschichte, die Anna Kim in ihrem zweiten Buch erzählt: die Suche eines Kosovaren nach seiner verschwundenen Frau und das allmähliche Eindringen der Ich-Erzählerin in die komplexen Zusammenhänge hinter diesem traumatisierenden Ereignis. Sie lernt nicht nur das alltägliche Leben in den albanisch-serbischen Konfliktzonen des Kosovo kennen, die schockierende Arbeit der Archäologen und forensischen Mediziner und Anthropologen, die Fragebögen zur Erhebung der 'Ante-Mortem-Daten' des Roten Kreuzes – es öffnen sich vor allem die Dimensionen von Erinnerung und Erinnerungsverlust, von unterbrochenen Biografien, von 'gefrorener Zeit'. In diesem außergewöhnlichen Buch setzt Anna Kim die Arbeit ihres Debütbandes Die Bilderspur an den Themen ›Fremde‹, ›Fremdheit‹, ›gebrochene Lebensläufe‹ mit bedrückender Aktualität fort. Aber nicht nur die Zeitgeschichte ist es, was sie interessiert, sondern die sprachliche Abbildbarkeit eines unverständlichen Schreckens, die Frage nach den richtigen Wörtern und Sätzen für das ›ganz Andere‹.
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