The troublesome raigne of King Iohn
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Der König Johann ... ist eins der Jugend-Werke Shakspears, es ist bei seinen Lebzeiten mit seinem Nahmen gedruckt, und die Zusammensetzung, die Charaktere, ja jede Zeile tragen so das Gepräge Shakspears, daß es lächerlich ist, wenn die Engländer es blind hin dem R. Green, oder Marlow, oder irgend einem andern zuschreiben wollen, nur ihm nicht, dem es zusteht, weil es nach ihrer Meinung so ganz armselig und des Dichters unwürdig ist. — Es ist hier nicht der Ort, weitläuftig darzuthun, welche Vorzüge dieses alte Schauspiel ... vor dem neueren habe, ohngeachtet das letztere eins der berühmtesten des Dichters ist, und viele der trefflichsten Scenen aufweisen kann, die den vollendeten Meister verrathen. Alles, was den Virtuosen und vollendeten Künstler macht, fehlt der alten Tragödie, aber sie ist von einem heroischen Jünglingsgeiste durchdrungen; allenthalben ist das Vaterland und seine Bedrängniß, und der Sieg über die Noth, die Hinweisung auf die künftige glänzende Zeit der Elisabeth, die Übermacht der Feinde gegen das einige Land, die Gehässigkeit des Papstthums, der Mittelpunkt, auf welchen alle Figuren hinweisen: der jugendliche Dichter ist selbst begeistert; dagegen im neuern Werke die Kunst vorwaltet, und der Meister mit seinem Gegenstande gleichsam spielt, wodurch er Raum gewinnt, alle jene überraschenden und seltsamen Züge in das Gemählde zu bringen, die streng genommen nicht unmittelbar in der Sache liegen, sondern ihr als wundervolle Ornamente dienen; mit einem Wort: der strenge geschichtliche Sinn, der im alten Johann und in den Kriegen der rothen und weißen Rose anzutreffen ist, findet sich nicht in der neuen Umarbeitung des Dichters‚ ja auch der Hauptcharakter hat am Tragischen eingebüßt, der im alten Schauspiel düster und großartig ist und schon in einigen Stellen auf den Ton des Macbeth hindeutet. Ludwig Tieck