Poetik der Schreibmaschine
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Der Tiroler Tischler und Bauer Peter Mitterhofer gilt als einer der großen verkannten Erfinder des 19. Jahrhunderts. Der leutselige und musikalisch begabte Freigeist, dem seine „eigenen anschauungen über den glauben“ eine Haftstrafe einbrachten, entwickelte mit einfachsten Mitteln funktionstüchtige Schreibapparate, zuletzt eine Typendruckmaschine modernen Zuschnitts. Während die k. u. k-Behörden seinen Erfindungen keine Verwertungschancen einräumten, kamen wenig später die ersten industriell gefertigten Remington-Maschinen auf den Markt. In einem maschinenhaft anmutenden Telegrammstil, aus dem alle bestimmten Zeitwortformen ausgespart sind, vergegenwärtigt Gerhard Rühm im Arrangement mit historischen Quellen Stationen aus Mitterhofers Leben. Diesen biographischen Sequenzen stellt der Autor 20 Schreibmaschinenideogramme als Kommentar, gedankliche Erweiterung oder atmosphärische Verdichtungen zur Seite, deren Sinnpotentiale erst durch die spezifische Anordnung der Schriftzeichen am Blatt vollends zur Entfaltung kommen: singuläre Erfindungen, die nicht zuletzt Überlegungen zu den technischen Gegebenheiten des Mediums ins Blickfeld rücken und damit eine Interessensverwandtschaft mit dem Schreibmaschinenpionier apostrophieren. Komplettiert wird der Band durch Faksimiles von 20 aufgefundenen Übungsblättern für das Maschineschreiben als Reservoir emergenter Sprachkunst, die der Funktionslogik der Tastatur geschuldet ist. Zusammen mit dem Mitterhofer-Komplex bilden diese einen beziehungsreichen Rahmen für Gerhard Rühms Poesie der Schreibmaschine aus mehreren Jahrzehnten, die zu den herausragenden Innovationen visueller Poesie gehört.