Interdisziplinäres Toleranzmanagement
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Die Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte zeigen immer deutlicher, welche Herausforderungen zukünftig in der Produktentwicklung zu meistern sind. Zum einen werden die Randbedingungen, die durch den Markt vorgegeben werden, immer enger, zum anderen sind durch steigende Komplexität und Interdisziplinarität der Produkte mehr und auch engere technologische Randbedingungen in Konstruktion und Fertigung zu bewältigen. Diese Tendenzen müssen zwangsläufig zu einem Umdenken in der Qualitätssicherung führen, da die Fehlermöglichkeiten vielfältig und die genauen Umstände der Ursachen genauso komplex werden wie die Produkte selbst. Durch das Zusammenwirken vieler Fachdisziplinen sind Fehlerquellen nur noch mit interdisziplinärem Wissen ermittelbar. Dies kann entweder in direkter Zusammenarbeit eines Teams oder mittels rechnerunterstützter Werkzeuge mit entsprechend hinterlegtem Wissen geschehen. In der vorliegenden Arbeit wurden Methoden und deren Implementierung erarbeitet, die die Durchführung eines ganzheitlichen Toleranzmanagements bei der Entwicklung interdisziplinärer Produkte ermöglicht. Der Begriff Toleranzmanagement vereinigt die Analyse, also die Untersuchung der Auswirkungen von Eingangstoleranzen auf eine Zieltoleranz, und die Synthese, also die sinnvolle Vergabe von Eingangstoleranzen in Hinblick auf eine vorgegebene Zieltoleranz. Eines der zentralen Ergebnisse dieser Arbeit ist ein rechnerunterstütztes Werkzeug, das den Anwender in die Lage versetzt, Toleranzanalysen und -synthesen an Produktmodellen durchzuführen, ohne dabei auf geometrische Parameter beschränkt zu sein. Es können auch physikalische, chemische, biologische, ja sogar monetäre und psychologische Größen verarbeitet werden, so fern sie - mit Hilfe der Software - in einen Zusammenhang gebracht werden können, der zumindest in der Nähe betrachteter Arbeitspunkte die Bildung der notwendigen Differenzenquotienten zur Berechnung der Parametersensitivitäten erlaubt. Die Kompetenz des Institutes für Konstruktionstechnik der TU Braunschweig auf dem Gebiet des funktionsorientierten Toleranzmanagements führte zur Initiierung dieser Arbeit im Rahmen des Sonderforschungsbereiches 516 „Konstruktion und Fertigung aktiver Mikrosysteme“, an dem das Institut im Teilprojekt A3 „Rechnerunterstützte Entwurfsumgebung“ beteiligt ist. In diesem Teilprojekt wurden die erarbeiteten Methoden angewandt, um Toleranzen der Fertigungsparameter bei der Herstellung mikrotechnischer Funktionsschichten und Strukturgeometrien auf die Ergebnisse der Fertigungsprozesse (Schichtdicken, Schichtzusammensetzungen und Schichteigenschaften) und letztlich auf das Bauteilverhalten zu projizieren. Die im SFB516 erzielten Erfolge wurden als Anlass genommen, das Toleranzmanagement auf weitere Bereiche auszudehnen, die sich durch ein gewisses Maß an Komplexität, entweder auf Systemebene - wie beispielsweise der Mechatronik - oder auf Komponenten- oder Fertigungsebene auszeichnen.