Die scheinheilige Gesellschaft
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„Wallraff“ in Amerika Eric Schlosser nähert sich dem Phänomen Amerika von seiner dunklen Seite. In bester Wallraff-Manier untersucht er die drei Wirtschaftszweige, die trotz der Wirtschaftskrise boomen: Drogen, Schwarzarbeit und Prostitution. In der ersten Reportage zeigt Schlosser, welchen Effekt die unter Reagan drastisch verschärfte Drogengesetzgebung, die schon den Besitz von kleinsten Mengen Marihuana verbietet, auf den Markt hat. Das Drogengeschäft ist heute die größte Cash Cow Amerikas, an der – über Bestechung und Schmiergelder – auch die schlecht bezahlte Beamtenschaft teilhat. „Auf den Erdbeerfeldern“ machen wir die Bekanntschaft des netten Farmers Doug, der sich angesichts ständig sinkender Preise für landwirtschaftliche Produkte gezwungen sieht, mit illegalen Einwanderern aus Mexiko zu arbeiten – eine moderne Form der Sklaverei. Dies ist das Wirken des freien Marktes, von dem Schlosser sagt: „Keine Gottheit, welche von der Menschheit je verehrt wurde, ist grausamer als der ungeregelte Marktliberalismus.“ Und dann das Imperium des guten Amerikaners Reuben Sturmann, der einen ganzen Wirtschaftszweig aufgebaut hat. Dies würde ihm im Normalfall – neben Henry Ford oder Walt Disney – einen Platz im Geschichtsbuch eintragen. Leider handelte es sich in seinem Fall um die Pornoindustrie, die zwar viele nutzen, die jedoch letztlich keiner wahrhaben will. Große Konzerne wie AOL, Time Warner oder die Hotelkette Sheraton erzielen mit dem „Obszönen“ fette Gewinne. Die Doppelbödigkeit der amerikanischen Kultur zeigt sich besonders deutlich in jenen Bereichen, die staatlicherseits bekämpft werden, ohne die der Bürger jedoch längst nicht mehr leben kann. So haben der unbedingte Glaube an den freien Markt sowie der ungebrochene amerikanische Puritanismus eine janusköpfige Nation hervorgebracht, in der über 10 Prozent der Wirtschaftsleistung auf dem Schwarzmarkt generiert werden.