Die Geigerin
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Ich bin ein Freund der Vergangenheit. Nicht daß ich etwa romantische Neigungen hätte und für das Ritter- und Minnewesen schwärmte oder für die sogenannte gute alte Zeit, die es niemals gegeben hat, nur jene Vergangenheit will ich gemeint wissen, die mit ihren Ausläufern in die Gegenwart hineinreicht und welcher ich, da der Mensch nun einmal seine Jugendeindrücke nicht loswerden kann, noch dem Herzen nach angehöre. So fühl' ich mich stets zu Leuten hingezogen, deren eigentliches Leben und Wirken in frühere Tage fällt und die sich nicht mehr in neue Verhältnisse zu schicken wissen. Ich rede gern mit Handwerkern und Kaufleuten, welche der Gewerbefreiheit und dem hastenden Wettkampfe der Industrie zum Opfer gefallen; mit Beamten und Militärs, die unter den Trümmern gestürzter Systeme begraben wurden; mit Aristokraten, welche, kümmerlich genug, von dem letzten Schimmer eines erlauchten Namens zehren: lauter typische Persönlichkeiten, denen ich eine gewisse Teilnahme nicht versagen kann. Denn alles das, was sie zurückwünschen oder mühsam aufrechterhalten wollen, hat doch einmal bestanden und war eine Macht des Lebens, wie so manches, das heutzutage besteht, wirkt und trägt. Daher habe ich auch eine Vorliebe für die alten Plätze, die alten Gassen und Häuser meiner Vaterstadt und bin noch zuweilen in jenen öffentlichen Gärten zu finden, die infolge neuerer Anlagen ihr Publikum verloren haben und verblühten Gouvernanten, brotlosen Schreibern oder ähnlichen Jammergestalten in lichtscheuer Kleidung tagsüber gewissermaßen als Versteck dienen.