Michael Ende
12. November 1929 – 28. August 1995
Michael Andreas Helmuth Ende (* 12. November 1929 in Garmisch; † 28. August 1995 in Filderstadt) war ein deutscher Schriftsteller. Er zählt zu den erfolgreichsten deutschen Jugendbuchautoren. Bücher wie Die unendliche Geschichte, Momo und Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer waren internationale Erfolge und wurden vielfach für Film, Fernsehen und Theater adaptiert. Endes Werke verkauften sich über 30 Millionen Mal und wurden in über 40 Sprachen übersetzt.
Michael Ende war der Sohn des surrealistischen Malers Edgar Ende (1901–1965) und dessen Ehefrau Luise Bartholomä (1892–1973). Kurz nach seiner Geburt zogen die Eltern von Garmisch nach München, da der Vater sich dort bessere Erfolgsaussichten als Maler versprach. Die ersten Jahre seines Lebens verbrachte Ende daher in den heutigen Münchener Stadtteilen Pasing und Schwabing. Mitte der 1930er-Jahre geriet die Familie in eine Krise, als Edgar Endes Werke von der NS-Reichskulturkammer als entartete Kunst eingestuft wurden. Viele Freunde und Kollegen des Vaters, manche von ihnen Juden, wurden deportiert. Michael Ende lernte als kleines Kind, Außenstehenden gegenüber nichts von dem zu Hause Gehörten zu verraten. Ab 1940 besuchte Ende das Maximiliansgymnasium in München, wobei er nach eigenen Angaben ein schlechter Schüler war und die Schule verabscheute. 1943 wurde das Gymnasium evakuiert und Ende kam mit der Kinderlandverschickung in seinen Geburtsort Garmisch zurück.Als der 15-jährige Ende wenige Wochen vor Kriegsende seinen Stellungsbefehl zur „Heimatverteidigung“ erhielt, zerriss er diesen und schloss sich der Freiheitsaktion Bayern an. 1948 absolvierte Ende das Abitur an der Waldorfschule in Stuttgart. Während der Zeit in Stuttgart unternahm er erste Schreibversuche, beeinflusst von der dadaistischen und expressionistischen Dichtung. Anschließend besuchte Ende bis 1950 die Schauspielschule Otto Falckenberg in München. Er wollte sich dadurch einen Ansatz für eine spätere Karriere als Theaterautor schaffen; eine Schauspielkarriere war nicht sein Hauptziel. Nach der Ausbildung agierte Ende als Schauspieler bis 1953 an verschiedenen Regionaltheatern, unter anderem mehrere Monate am Landestheater in Schleswig-Holstein. Während dieser Zeit verfasste Ende für verschiedene politische Kabaretts die Texte. Von 1954 bis 1962 war er auch als Filmkritiker für den Bayerischen Rundfunk tätig, was erstmals ein festes Einkommen für ihn war. Mit eigenen, meist dramatischen Theaterstücken blieb Ende erfolglos. Ende der 1950er-Jahre verfasste er sein Manuskript Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer: „Ich setzte mich also an meine Schreibmaschine und schrieb: Das Land, in dem Lukas der Lokomotivführer lebte, war nur sehr klein. Das war der erste Satz, und ich hatte nicht die geringste Vorstellung, wie der zweite heißen würde. Ich hatte keinerlei Plan zu einer Geschichte und keine Idee. Ich ließ mich einfach ganz absichtslos von einem Satz zum anderen, von einem Einfall zum nächsten führen. So entdeckte ich das Schreiben als ein Abenteuer. Die Geschichte wuchs und wuchs, immer mehr Gestalten stellten sich ein, Handlungsfäden begannen zu meinem eigenen Erstaunen sich durcheinander zu weben.“ Diese recht ungewöhnliche Arbeitsweise verglich Ende gerne mit der Arbeitsmethode eines Malers, der oftmals nur eine vage Idee habe, doch dann während des Arbeitsprozesses aus dem Material etwas viel Besseres entstehen lasse. Nach zehn Monaten Arbeit war Jim Knopf fertig. Das Manuskript wurde zunächst über eineinhalb Jahre von insgesamt zwölf Verlagen abgelehnt, etwa mit der Begründung, es sei zu lang für ein Kinderbuch. Erst 1960 wurde das Werk auf Betreiben der Verlegerin Lotte Weitbrecht in ihrem Thienemann Verlag in Stuttgart veröffentlicht. Jim Knopf gewann den Deutschen Jugendliteraturpreis und ist seitdem ein großer Erfolg. Im Thienemann-Verlag veröffentlichte Ende in den folgenden Jahrzehnten die meisten seiner Werke. Der Erfolg von Jim Knopf machte Ende erstmals finanziell unabhängig. Im Jahr 1964 heiratete er die Schauspielerin Ingeborg Hoffmann. Zwischen den Jahren 1965 bis 1971 lebte Ende mit seiner Familie im Alten Schloss in Valley in der Nähe von München. Eine Enttäuschung für ihn war 1967 die erfolglose Inszenierung seiner Tragikomödie Die Spielverderber, die schlechte Kritiken bekam. Verschiedene Kritiker in Deutschland machten Ende, gerade seines Jim Knopf wegen, Eskapismus zum Vorwurf und warfen ihm vor, mit seinen positiven Märchen die Kinder nicht auf das richtige Leben vorzubereiten. Er wurde in der Kritik als „Schreiberling für Kinder“ abgetan. Unter anderem wegen dieser Eskapismus-Debatte zog das Ehepaar Ende Anfang der 1970er-Jahre nach Italien. Sie ließen sich in Genzano di Roma, etwa 30 Kilometer südöstlich von Rom, in der Villa Liocorno (Einhorn) nieder. Michael Ende betonte, dass man in Italien im Gegensatz zu Deutschland nicht die strenge Unterscheidung zwischen realistischer und fantastischer Literatur mache, sondern es dort nur auf die Qualität des Geschriebenen ankomme. In Italien entstand 1973 sein märchenhafter Roman Momo, der mit bis heute über sieben Millionen verkauften Exemplaren eines seiner weltweit erfolgreichsten Werke ist. Im Jahr 1985 war Ende auch einer der Autoren des Drehbuchs für die Verfilmung Momo unter Regie von Johannes Schaaf. In diesem Film übernahm Ende einen kleinen Gastauftritt als Zugpassagier. In den 1970er-Jahren hatte Ende in enger Zusammenarbeit mit dem Komponisten Mark Lothar bereits das Libretto zur Oper Momo und die Zeitdiebe geschrieben. Die Uraufführung fand 1978 am Landestheater Coburg statt. Ebenfalls ab 1978 arbeitete er regelmäßig mit dem Komponisten Wilfried Hiller zusammen. Aus dieser Partnerschaft entstanden zahlreiche Musiktheaterstücke, wie 1985 Der Goggolori oder das Hörspiel Norbert Nackendick oder das nackte Nashorn. Anfang der 1980er-Jahre veröffentlichte er mit dem Politiker Erhard Eppler und der Schauspielerin Hanne Tächl den Gesprächsband Phantasie/Kultur/Politik, der sich gegen das technokratische Denken in Politik und Wirtschaft aussprach.Im Jahr 1979 schrieb Michael Ende seinen fantastischen Roman Die unendliche Geschichte. Das Buch verkaufte sich weltweit etwa zehn Millionen Mal und wurde in vierzig Sprachen übersetzt. In den 1980er-Jahren erreichte Endes Popularität einen Höhepunkt, und er dominierte mit mehreren Titeln die Bestseller-Listen in Deutschland. Die großangelegte Verfilmung der unendlichen Geschichte im Jahr 1984 durch den Produzenten Bernd Eichinger befürwortete Ende zunächst; als er den fertigen Film zu sehen bekam, war er aber entsetzt und bezeichnete ihn als „gigantisches Melodram aus Kitsch, Kommerz, Plüsch und Plastik“. Er kritisierte unter anderem, dass es dem Film an innerer Logik mangele und er die Grundbotschaften des Buches nicht mehr vermittle. Michael Ende ließ sich aus den Filmcredits streichen und prozessierte anschließend lange und letztlich erfolglos gegen die Filmemacher, dass sie entweder den Film umbenennen oder die Produktion stoppen sollten.1983 erschien Endes Der Spiegel im Spiegel, eine surrealistische Geschichtensammlung, die sich vorwiegend an erwachsene Leser richtet. Mit seinen Werken versuchte Ende, sich nun auch als ernsthafter Autor für Erwachsene zu profilieren. Aber die deutsche Literaturkritik – weniger die ausländische – blieb Ende gegenüber weitgehend abweisend. Marcel Reich-Ranicki äußerte beispielsweise „Zum Phänomen Ende äußere ich mich nicht“, woraufhin Ende den Kritiker mit der Figur des scheußlichen, nutzlosen „Büchernörgele“ in seinem 1989 erschienenen Kinderbuch Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch aufs Korn nahm. Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch bedeutete erneut einen Erfolg für Ende und brachte ihm den Literaturpreis La vache qui lit ein. Nach weiteren Kinderbüchern Anfang der 1990er-Jahre erschien 1994 das Werk Zettelkasten, in dem Ende Skizzen und Notizen aus seinen Archiven veröffentlichte und auch erstmals direkt über sein eigenes Leben schrieb.Nachdem seine erste Frau Ingeborg Hoffmann 1985 unerwartet verstorben war, kehrte Ende von Italien nach München zurück. Er heiratete 1989 die japanische Übersetzerin Mariko Satō (佐藤 真理子), die einige seiner Werke ins Japanische übersetzt hat. Zu Japan und seiner Kultur besaß Ende eine starke Zuneigung und besuchte dieses Land mehrmals. 1994 wurde bei Michael Ende ein Magenkrebsleiden diagnostiziert, an dem er am 28. August 1995 im Alter von 65 Jahren in Filderstadt starb. Seine letzte Arbeit, ein Libretto für eine musikalische Aufführung, blieb unvollendet.