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Ernst Brauner

    O Böhmerwald!
    Struldbrugs
    Srinagar und andere Nacherzählungen
    Die Schalen des Zorns
    • Srinagar ist eine Stadt in Kaschmir, wo nach dem Glauben einer islamischen Sekte Jesus, der ja als einer ihrer Propheten gilt, begraben ist. Also nicht, wie fälschlich berichtet, am Kreuz gestorben, sondern aus dem Grab in Jerusalem, das ja später tatsächlich leer gefunden worden ist, nach Srinagar entkommen und nach langer fruchtbarer Lehrtätigkeit in einer noch heute zu besichtigenden Gruft bestattet wurde. Historie? Oder eine der zahllosen „Nacherzählungen“, mit denen wir Menschen unser Leben meist nach irgendwelchen Archetypen, nach überlieferten Mythen und Märchen oder gar nur nach den flimmernden Bildern irgendwelcher Fernsehshows nachzuleben versuchen?

      Srinagar und andere Nacherzählungen
    • „Struldbrugs“ heißen bei Jonathan Swift jene Unsterblichen, denen Gulliver auf seiner dritten Reise auf einer Insel im Pazifischen Ozean begegnet. Alternde Unsterbliche bis in alle Ewigkeit, kein erfüllter Menschheitstraum, sondern ein jammervoller und erbärmlicher Albtraum. Um die Unsterblichkeit geht es auch bei Brauner. Sein Buch handelt vom Altwerden und Altsein, vor allem aber davon, wie Staat und Gesellschaft mit der wachsenden Zahl der Alten fertig zu werden versuchen … nicht ohne Grausamkeit und mit fataler Wiederholung der Praxis unseliger, relativ junger Vergangenheit. Am Lebensabend des Helden dieser Geschichte voller Höhenflüge und Abstürze erfüllt sich, was — in welchen Metamorphosen auch immer — früher oder später jedem von uns bevorstehen mag.

      Struldbrugs
    • O Böhmerwald!

      Eine Familiensaga in dreimal zwölf Gesängen

      • 285 Seiten
      • 10 Lesestunden

      Bauer oder Zeitungsschmierer? Gewalttäter oder Spintisierer? Asket oder Blutschänder? Träumer oder Traum? Ein junger Bursche flieht vom Land in die Stadt. Führt ein dunkles Leben und wird eines Tages heimgerufen, um vor dem bevorstehenden Tod des Vaters den elterlichen Hof zu übernehmen. Er aber tut’s nicht, um ein Erbe anzutreten, sondern um mit seiner Familie abzurechnen. Dabei geschieht viel Brutales und Wahnwitziges, auch in die (autobiografische?) Vergangenheit der Hauptpersonen taucht die Erzählung ein und führt uns bis zu den Gräueln der KZs. Hinter alldem liegt eine zweite Welt. Und um diese zweite Welt hinter den schrecklichen, oft mehrdeutigen Dingen und Ereignissen der sogenannten realen Abläufe geht es. Um ein geheimnisvolles Walten, für das es immer auch „reale“ Erklärungen gäbe, die man auch mit einem anderen Wort benennen könnte, allerdings kaum ohne Befremden zu ernten, wenn nicht gar Gelächter. Magie? Denn schon ein Tropfen Skepsis zerstört einen ganzen Ozean von Magie. Und immer wieder wird klar: Der Böhmerwald – wie in ihm die Helden dieses Buches leben – ist nicht einfach eine ländliche Gegend, ein durch geografische Längen- und Breitengrade codierbares Stück Gewebe. Es gibt Metastasen – bis Linz, bis Wien, bis Sulawesi, der paradiesischen Insel im malaiischen Archipel. Ein Th eatrum mundi also ist der Böhmerwald, wie in einem Brennglas zu sehen – ein Zerrspiegel und ein Schrumpfbild. Aber so sehr Zerrspiegel, so sehr Schrumpfbild auch wieder nicht: Überall auf der Welt ist das Leben so dicht; und wie in der Geschichte dieser Familie voll von Krassheiten. Nur versteckt, nur zu verstecken versucht werden diese Krassheiten und sind doch die wahre Realität. Manche Teile der Erzählung muten an wie Mythologie. Aber die alten Mythen enthüllen sich als unsere eigenen unappetitlichen Geschichten, nur in historischen Kostümen. Böhmerwald oder Sulawesi im malaiischen Archipel – das ist immer dieselbe Hölle. Nur Naive vermuten im einen das Gold und im anderen das Paradies! Auch hier also Magie? Immer wenn es in dieser Geschichte (scheinbare) Ungereimtheiten gibt, hätte dieses Wort alles auf einen Nenner bringen können. Dieses Wort, das aus den Nebeln des Böhmerwalds kommt, aus seinen Zweigen und Quellen. Und so bleibt off en, was der Hauptheld dieser Geschichte ist: Bauer oder Zeitungsschmierer? Gewalttäter oder Spintisierer? Asket oder Blutschänder? Träumer oder Traum? Es ist ja doch alles ein und dasselbe.

      O Böhmerwald!