Die 1953 geschriebene Erzählung basiert auf einer einfachen Geste: Eicheln in die Erde setzen. Tausendfach wiederholt wird diese Handlung zum Lebenssymbol, das die Entwicklung der Geschichte bestimmt. Der Akt, getragen von der Willenskraft eines Einzelnen, erlangt eine Dimension, die fast unvorstellbar ist und führt zur Wiederbelebung eines gewaltigen Waldes, durch den das Leben zurückkehrt. Diese Geste spiegelt eine innere Schönheit wider, die auf das Gute abzielt. Wie die sorgfältig ausgewählten Eicheln, die sich zu einem blühenden Lebensraum entwickeln, entfalten sich die präzisen Wörter in rhythmischen Sätzen voller Kraft. Die fiktive Geschichte wirkt so real, dass viele Leser sie für eine wahre Begebenheit halten. Sie unterstreicht die Vision eines besseren Umgangs mit der Umwelt und schafft eine Hauptfigur mit Vorbildcharakter. Die Einfachheit der Sprache und die klare Botschaft lassen den Leser die Bedeutung der Verbindung zur Natur spüren und den Wunsch, in Einklang mit ihr zu leben. Dieses Gefühl prägt sich dauerhaft ein, da es den tief verwurzelten Wunsch berührt, die Beziehung zur Natur zu pflegen. Als künstlerische Entsprechung zu dieser literarischen Wucht wird der Berliner Bildhauer Wolfgang Flad erwähnt, dessen Werke die Energie und Dynamik der Formen darstellen und eine Ästhetik von Wachstum und Vitalität verkörpern.
Jean Giono Bücher
Jean Giono (* 30. März 1895 in Manosque im Département Alpes-de-Haute-Provence; † 9. Oktober 1970 ebenda) war ein französischer Schriftsteller, der vor allem in seinen frühen Prosawerken naturreligiöse Vorstellungen vertrat und neben Frédéric Mistral und Marcel Pagnol als Schriftsteller seiner Heimat, der Provence, gilt.







Melville zum Gruß
Roman
Der amerikanische Abenteurer und Dichter Herman Melville reist nach London, um seinem Verleger einen fertigen Roman zu übergeben. Dies ist der wahre Hergang der Geschichte. Nun beginnt Gionos Erfindung: Auf einer Fahrt in der Postkutsche quer durch England, begegnet Melville einer jungen Frau, Adeline White. Sowohl Melville als auch Ms White sind verheiratet - diese Begegnung aber ist von außergewöhnlicher Intensität. Nach drei Reisetagen, unterbrochen von Aufenthalten in Herbergen und Gesprächen, trennen sie sich wieder. Sie haben kein Bedürfnis, sich ihre Liebe einzugestehen: sie ist da. Sie werden sich nicht mehr wiedersehen. Melville schreibt „Moby Dick“. Wird sie, an Schwindsucht erkrankt, diesen Roman je lesen?
Landschaft und Menschen der Provence verbinden sich in dieser vielleicht schönsten und poetischsten Liebesgeschichte von Jean Giano mit dem heidnischen Lebensgefühl der antiken Mythologie.
»Das Lied der Welt« kündet von den Urgewalten der Natur, von der Fülle des menschlichen Herzens, vom Glühen der Leidenschaft, vom wilden Kampf und Mord, aber auch von Naturversunkenheit und verhaltenem Liebesglück. Die Gärtner, Hirten und Holzfäller, die riesigen Rinderherden und die Tiere des Waldes in der französischen Provence werden in diesem abenteuerlichen Roman lebendig. »Das Leben begrub mich so tief darin«, schrieb Giono einmal über dieses Buch, »daß ich zuweilen, gleich einem Gott, spürte, wie mein Kopf, meine Haare und meine Augen voller Vögel waren, wie meine Arme schwere Äste trugen, wie meine Brust erfüllt war von Ziegen, Pferden und Stieren, wie meine Füße Wurzeln hinter sich herschleppten und wie der Schrecken der ersten Menschen mich durchbohrte wie Sonnenpfeile. Pan hüllte mich in die Glücksschauer, so wie der Wind das Meer streichelt ...«
Die vorliegenden Texte führen uns eine andere Provence vor Augen als jene, halb umgewandelt durch das Imaginäre, in der Giono die meisten seiner Romane angesiedelt hat. Das Ziel des vorliegenden Buches ist es, uns dieses Land zu zeigen, wie ihr Autor es kennt, wie er es sieht. Dank Gionos geschärftem Blick, seinem Sinn für Farben und Bilder erhalten wir einen neuen Eindruck von diesem Land, über das schon soviel geschrieben wurde. Wer die Provence kennt, der findet hier, was er braucht, um sie neu zu entdecken.
Ein Mensch allein
Roman
Jean Giono hat singuläre Meisterwerke der französischen Literatur seiner Epoche geschaffen. In Deutschland ist er bis heute ein großer Unbekannter geblieben. Ein Mensch allein – 1946 geschrieben, vom 1. September bis 10. Oktober, ist das erste von Jean Gionos Büchern nach dem Krieg. Berühmt ist er geworden mit Büchern, die das scheinbar ferne archaische Leben der Haute- Provence beschworen haben. Ein Bergdorf, dicht unter den Wolken und vom Schnee erstickt. Menschen verschwinden spurlos. Capitaine Langlois, ein ehemaliger Kolonialsoldat, richtet sich mit seinen sechs Gendarmen in einem Gasthaus ein und spürt den erahnten Verbrechen nach. Ein Baum, eine Buche, der »zitherspielende Apoll unter den Buchen«, birgt das Geheimnis. Langlois stellt den Mörder, er spricht das Urteil ohne Gericht – und er vollzieht es. Dann nimmt er seinen Abschied. Aber er kehrt zurück als Major des Wolfsjagdkorps. Er spürt den Wölfen nach. Er möchte sich im Dorf einrichten, Teil der Gemeinschaft werden, er findet eine Frau. Aber er ist: ein Mensch allein. Hochmütig und abweisend. Nur vertraut mit Gewalt und mit dem Tod. In dieser einsamen Bergwelt wird Langlois, von dessen Leben in einem vielstimmigen Bericht über die Zeiten hinweg und im Tonfall und der Tradition mündlicher Überlieferung erzählt wird, zur faszinierenden Gestalt. Seine Deutung aber überlässt uns Jean Giono. Er zitiert Blaise Pascal, den Philosophen, den Mathematiker und Moralisten, im Titel des französischen Originals – »ein König ohne Vergnügen«. Das ist ein Mensch allein, ein Mensch voller Not?


