Martin Walser ist ein deutscher Schriftsteller, der für die Darstellung der inneren Konflikte seiner Antihelden bekannt ist. Seine Prosa bietet tiefe Einblicke in die menschliche Psyche und erforscht die moralischen Dilemmata der modernen Gesellschaft. Walsers unverwechselbarer Stil, der sich durch präzise Sprache auszeichnet, gestaltet meisterhaft komplexe Charaktere, deren Kämpfe und Identitätssuche bei den Lesern tief Anklang finden.
Martin Walser reflektiert in Prosa und Lyrik über seine Lebenslandschaft: den Bodensee. Zutage treten dabei Naturempfindungen, Landschaftswahrnehmungen und einfühlsame Schilderungen der Menschen, die hier leben oder gelebt haben - mal heiter, mal tiefsinnig. Gespeist von einen großen Geschichtsbewusstsein, entfaltet sich in den Texten dieses Bodenseebuches das heiter-melancholische Heimatlob eines kritischen Geistes, der mit wachen Augen und Ohren in seiner Heimat lebt und sie als seinen Resonanzraum begreift. Der Fotograf Jürgen Ritter zeigt mit seinen beeindruckenden Aufnahmen den See in unterschiedlichsten Aspekten und Stimmungen, dabei an die Landschaftsgemälde von Caspar David Friedrich erinnernd.
Martin Walsers hiesige Texte sind ein Schatz, der lange darauf gewartet hat, aus den Tiefen des Bodensees ins Licht der Öffentlichkeit gehoben zu werden.
WER ERKLÄRT MIR MEIN HEIMWEH NACH AMERIKA? WIE MUSS DER TON BESCHAFFEN SEIN, DER VON HIER BIS TEXAS REICHT UND SO LANGE HÄLT WIE DORT DER SCHÖNE HIMMEL? WOHIN MIT DEN ZIERLICHEN EICHEN, DEN ZEDERN, DEN UNZÄHLIGEN, DIE MIR IM KOPF NACHGEWACHSEN SIND? WAS ANFANGEN MIT UNSTERBLICHEN SÄTZEN AUS DEM SUPERMARKT, DIE NOCH AN SICH HABEN DIE SÜDLICHE WINDUNG DER LIPPEN, AUS DER SIE ENTSTANDEN? WARUM BLEIBT MIR DIE TANKSTELLE ALS WÄRE SIE VON MICHELANGELO?
Der berühmte Heckerzug von 1848 zur Ausrufung der Republik, gesehen und auf je eigene Art und Weise faszinierend interpretiert von zwei bedeutenden Künstlern.
Ein Gespräch mit Michael Albus. Mit einem Essay von Arnold Stadler
Am 24. März 2022 wird Martin Walser 95 Jahre alt. Der Gesprächsband mit Michael Albus – unter Beteiligung von Arnold Stadler – entstand auf Wunsch des Autors. Ein spannendes Unternehmen: Wovon träumt ein ebenso anerkannter wie umstrittener deutscher Schriftsteller, wenn die großen Kämpfe des Lebens ausgekämpft sind? Martin Walser spricht darüber, was nach einem langen und erfüllten Leben immer noch von Bedeutung ist und was nicht. Eine Auswahl von Zitaten aus Walser-Texten verknüpft Interview und Lebenswerk. In einer ausführlichen Nachschrift würdigt Arnold Stadler – mit dem Walser Alemannisch spricht, wenn beide unter sich sind – den Älteren aus seiner eigenen poetischen Perspektive: »Jeder wirkliche Dichter hat eine Verletzung, eine Wunde, aus der es weiterblutet. Erinnerungsweise« (Arnold Stadler).
Dieses Buch hält Träume aus fünfundzwanzig Jahren fest, geträumt und aufgeschrieben von Martin Walser, zu Bildern gemacht, auf Bildern inszeniert von Cornelia Schleime. Und es ist wie so oft: Der Träumer kann fliegen, im Handumdrehn kommt er von einem Ort zum nächsten, er macht sich lächerlich und muss erkennen, dass er, während er sich lächerlich macht, gerade auf einer Bühne steht, vor Zuschauern ... Und so berichtet der Schriftsteller von Witz und Schrecken, Peinlichkeit und Rettung in seinen Träumen, und die Malerin folgt ihm kongenial. Natürlich taucht Unbekanntes auf, der Selbstkostenpreis Gottes zum Beispiel. Oder gefiederte Hunde. Oder Wörter wie branghementique , die es nicht gibt, oder Kinder, die mit Krawatten auf die Welt kommen. Aber auch Bekanntes und Bekannte haben ihren Auftritt, die Stadt Wasserburg vor allem, dann auch Thomas Mann und Rudolf Augstein und Pete Sampras. Oder Maria Stuart, Edgar Selge und Jürgen Habermas. Und die bekannte unbekannte Schönheit, naheliegenderweise. Immer wieder.
«Du musst den Wörtern kündigen», notiert der Schriftsteller, oder: «Ich bin durchsichtig wie ein leeres Marmeladenglas.» In Augenblickstexten, Augenblickspoesien sammelt Martin Walser noch einmal Eindrücke von der Welt, wobei sein Sehen oft ein Sichversenken ist, sein Anschauen einer Wasseroberfläche, einer Lilie oder Baumkrone schon eine Art, über diese Dinge nachzudenken. Die Aquarelle Alissa Walsers entsprechen diesem Nachdenken; indem sie ausschweifen ins Sinnliche, weisen sie hin auf die landschaftlichen Quellen. Sie grundieren die Stimmungen des Autors mit dem Spektrum jahreszeitlicher Farben. Die Themen, die hier auf wenigen Seiten Platz finden, sind vielfältig und weitgespannt. Vor fast 80 Jahren hat Walser mit dem Schreiben begonnen, und noch immer tut er, was er auch damals getan hat, fixiert die eigenen Zustände, als wären sie endgültig, versucht gleichzeitig, offen zu bleiben. Motive: einer sein wollen, der man nicht ist; Sätze, die man sagen wollte und nicht sagte; Texte, die man schreiben wollte und nicht schrieb; Streit und Liebe. «Schicksal». Gespräche mit dem eigenen Knie oder einer Katze. Und dann das Hauptmotiv: dass es bald enden könnte. Der Schriftsteller richtet sich darauf ein, bereitet sich vor, sagt aber auch: «Ich wehre mich nicht, ich bin bedacht und will bis zum letzten Abend leben.»
Mit Martin Walser unterwegs am Bodensee. Herausgegeben von Lorenz L. Göser und Elmar L. Kuhn. Herausgegeben von Lorenz L. Göser und Elmar L. Kuhn
Martin Walser hat in seinem Werk immer wieder seine Heimat gepriesen und den Menschen rund um den Bodensee mehr als nur ein Denkmal gesetzt. Hier sind die schönsten Zeugnisse dieser Liebe zu einer Region in einem literarischen Reiseführer zusammengestellt. Mit Texten aus den frühen Tagebüchern der 60er- und 70er-Jahre, den großen Romanen wie Ein springender Brunnen, Das Einhorn, Seelenarbeit oder Muttersohn u. a. m., aus Hörspielen und Aufsätzen ist diese Auswahl eine Einladung zu Streifzügen in der vielleicht lieblichsten Region Deutschlands, in der die »Hügel aussehen wie Kissen am See«. Und dazu, Walser wieder zu lesen.
Für alle Walser-Leser ein Fest des Wiedersehens: Schon in seinen Tagebüchern von 1961 finden sich Eintragungen zu «Mädchenleben», und nun, fast sechzig Jahre später, hat er das dort Notierte zusammengetragen und zu etwas verwoben, das er „Legende“ nennt: die Geschichte des Mädchens Sirte Zürn, das, weil es seine eigenen Wege geht - plötzlich verschwindet, erst nach Tagen wieder auftaucht, sich im Sand eingräbt, bei Sturm in den See rennt -, nach Wunsch seines Vaters heiliggesprochen werden soll. Der Untermieter der Familie, der Lehrer Anton Schweiger, ist von diesem Einfall so entzündet, dass er alles sammelt, was es über das Mädchen zu erzählen gibt. Darüber gerät er mehr und mehr in ihren zauberischen Bann. Martin Walsers neues Buch besticht durch seine lebhaften, ungewöhnlichen Figuren, die in einer gleichsam entrückten Welt zu leben scheinen. Was ist mit Anton Schweiger, warum wohnt er als Lehrer zur Untermiete bei den Zürns, was bringt ihn dazu, nach Sirte eine solche Sehnsucht zu haben? Wie kommt ihr Vater auf den Gedanken der Heiligsprechung seiner Tochter, und was ist das für eine seltsame Ehe der Zürns, in der die Frau, während sie im Garten Lupinen setzt, von ihrem Mann zu Boden geworfen wird und er sich ein andermal mit Kuhfladen beschmiert? Mit Staunen lesen wir die herrlichen Walser-Sätze und lassen uns gefangennehmen von der Geschichte eines jungen Mädchens, das anders ist als andere - zerbrechlich und sonderbar und ausgestattet mit einem ins Himmlische und Unwirkliche reichenden Gespür.