Ronald Paris
Ein Leben mit Mythen und Landschaften






Ein Leben mit Mythen und Landschaften
Kunst ohne Freiheit?
Beide Künstlerinnen kennen sich schon lange. Die Malerin Barbara Müller-Kageler zeigt in ihren Ölgemälden Figuren und Landschaften in fein abgestufter Abstraktion und in erdigen, dezent nuancierten Farben. Das Meer mit Menschengruppen und Strandszenen sind ihre bevorzugten Themen. 0Die Bildhauerin Marguerite Blume-Cárdenas konzentriert sich in ihren Skulpturen, zumeist aus Sandstein, in beeindruckender Weise auf das Elementar-Notwenige. Die Ausstellung präsentiert absichtsvoll ihr großes Repertoire an Figuren der antiken Mythologie, darunter Venus, Prometheus oder Marsyas. Der antike Mythos zählt zu ihren zentralen Motiven, neben biblischen Gestalten, freier menschlicher Figuration und erschreckenderweise plötzlich wieder sehr aktuell dem Thema Krieg.00Exhibition: Winckelmann-Museum, Stendal, Germany (24.04. - 03.07.2022)
Stein zu Papier – Funde und Fragmente in Abformungen
Von Akko und Haifa bis Aschkelon und Gaza
Die großen Häfen des Landes Akko, Haifa, Atlit, Caesarea, Jaffa, Aschdod, Aschkelon und Gaza sind seit der Antike bekannt und auf den historischen Karten verzeichnet. Seit der Antike haben sie eine wechselvolle Geschichte erlebt, von Alexander dem Großen und den Römern erobert, wurden sie im Mittelalter Bastionen der Kreuzfahrer. Nach der Vertreibung der Kreuzfahrer und der Zerstörung der Häfen durch die Mamelucken Ende des 13. Jahrhunderts wuchs die Zahl der Pilgerberichte: Besonders seit dem 15. Jahrhundert kamen christliche wie jüdische Reisende in das Land der Verheißung, so dass sich eine reiche, bis in das 20. Jahrhundert hinein lebendige Palästinaliteratur entwickelte. Auch Forschungsreisende und Künstler haben ihre Eindrücke und Erlebnisse in Bildern festgehalten, wie diese Ausstellung zeigt
1784/1785 gründete der Salzburger Fürsterzbischof Hieronymus Graf von Colloredo (1732-1812; regiert 1772-1803) eine Zeichnungs-Akademie. Zur Geschichte dieser Institution gibt es nach wie vor nur Eckdaten. Aus Colloredos Bibliothek hatten sich 6 Folianten erhalten, in die an die 1000 graphische Blätter eingeklebt waren. Insgesamt befanden sich in diesen Klebebänden mehr als 400 Aktzeichnungen nach dem lebenden Modell oder nach berühmten antiken Statuen in Rötel bzw. Kohle, ein erheblicher Teil davon stammt aus der Zeit vor Colloredo. Die Schulung junger Künstler anhand antiker Statuen ebenso wie am lebenden Modell (Akt) war essenziell im Curriculum einer Kunstakademie. Der Umstand, dass auf den Bänden der Vermerk „Mahler-Akademie“ angebracht war, lässt den Schluss zu, dass die Kompendien von Colloredo als Anschauungsmaterial für seine Zeichnungsakademie vorgesehen waren. Der von Winckelmann postulierte klassizistische Lehrgedanke wurde hier gleichsam in die Tat umgesetzt.
John Elsas (1851–1935) war Bankier in Frankfurt am Main und begann erst im Alter von etwa 74 Jahren, Bilder für seine Enkel zu gestalten. Er schnitt und klebte Bilder aus verschiedenen Materialien wie Glanz- und Geschenkpapier, Tapetenresten und Textilien, montierte sie stilvoll auf Papier und bearbeitete sie oft mit Aquarell, Tusche oder Buntstiften. Bald richtete er seine Arbeiten auch an ein erwachsenes Publikum und wurde in der Presse als „Kurzvers-Philosoph“ humorvoll bezeichnet. Vor 1933 stellte er seine Collagen und Zeichnungen in mehreren Städten aus, darunter München, Mannheim und Zürich, vor allem in der Berliner Galerie „Der Sturm“, die damals führende Avantgardekünstler präsentierte. Als jüdischer Bürger erkannte Elsas die Gefahren des Nationalsozialismus und beschäftigte sich in seinen Bildern mit dem Gedanken an eine Auswanderung nach Palästina. Er starb 1935 im Alter von fast 84 Jahren und erlebte nicht mehr, wie seine Tochter Irma 1942 nach Theresienstadt deportiert und 1944 ermordet wurde. Sie hatte seinen Nachlass, der in zehn Jahren über 25.000 Blätter umfasste, sorgfältig verpackt und an ihre in der Schweiz lebende Schwester adressiert. Ein Teil des Nachlasses wurde später vom Schweizer Arzt Stephan Gottet erworben und bereicherte die Sammlung Florence G.
Der Nil war für die altägyptische Kultur die zentrale Lebensader, er war der Hauptverkehrsweg für Handel und Materialtransport im ganzen Land. Prozessionsfeste und Vergnügungsfahrten fanden ebenso zu Wasser statt wie der Personenverkehr oder die Jagd im Papyrusdickicht. Hölzerne Schiffsmodelle sollten als prestigeträchtige Grabbeigabe ihrem Besitzer auch in der jenseitigen Welt verfügbar sein. Und nicht zuletzt diente die Barke in den religiösen Vorstellungen der Ägypter den Göttern als Fortbewegungsmittel. Auch die Minoische Kultur (3100–1330 v. Chr.), die älteste europäische Hochkultur mit ihren imposanten Palastbauten, gründete ihren Wohlstand auf der Seefahrt. Durch die zentrale Insellage begünstigt, stand Kreta in regem Handelskontakt mit den umliegenden Mittelmeerkulturen. Einige Jahrhunderte später, vom 8. bis 6. Jahrhundert v. Chr., gelang es den Griechen dank ihrer Schiffstechnologie, Kolonien zu gründen und so ihren Einflussbereich im Mittelmeerraum entscheidend auszudehnen. Die Schiffskonstruktionen waren auf hohem technischen Niveau. Griechische Vasen bilden frühe Schiffe in vereinfachter Form ab; ägyptische Reliefs wiederum schildern detailgetreu den Schiffsaufbau oder das Handeln mit Gütern auf dem Seeweg. Anhand dieser Darstellungen, unter Einbeziehung antiker Schriftquellen wie Herodot, beschäftigt sich Michael Bormann seit vielen Jahren mit der Rekonstruktion antiker Schiffe und baut in Kleinstarbeit detaillierte Modelle. Seine Rekonstruktionen bilden den roten Faden in der Ausstellung und geben die Themenbereiche vor. Gezeigt werden unter anderem auch zwei originale hölzerne Boote aus der Zeit um 2000 v. Chr. und weitere Originalexponate der antiken Keramik und Kleinkunst sowie Reproduktionen von ägyptischen Reliefs. Außerdem befasst sich ein Themenbereich mit der Wiederentdeckung der antiken Schifffahrt in der antiquarischen Forschung von der Renaissance bis zu Johann Joachim Winckelmann.
Odysseus entging dank der zauberkundigen Göttin Kirke dem Schicksal der Sirenen: Am Mast festgebunden, hörte er ihr verlockendes Lied, das vom Trojanischen Krieg erzählte, während seine Gefährten ihn sicher vorbei ruderten. Diese Sirenen, die in der griechischen Kunst als Vogelwesen mit menschlichen Köpfen oder als Frauen mit Vogelfüßen dargestellt werden, sind Teil eines Mythos, der auf gefährlichen Seewegen ins Schwarze Meer und nach Süditalien basiert. Ursprünglich waren sie junge Mädchen, die von Demeter verflucht wurden, Seefahrer in den Tod zu locken, nachdem sie nicht verhindern konnten, dass Persephone von Hades entführt wurde. Nach Odysseus' Flucht wanderten sie in die Unterwelt und wurden hilfreiche Dämoninnen bei der Totenklage, wie Grabdenkmäler zeigen. Der Kontrast zwischen menschlichen und tierischen Körperteilen stellte Künstler über Jahrhunderte vor Herausforderungen. Ihre Darstellungen wandelten sich von ägyptischen und mesopotamischen Flügelwesen zu nackten und bekleideten Vogelfrauen und schließlich zu Meerjungfrauen. Diese Transformation spiegelt sich bis heute in der Figur der Femme fatale wider, die als Symbol für Verführung und leidenschaftliche Liebe gilt und das bürgerliche Ideal der Ehefrau herausfordert.
An der 1760 in Pompeji ausgegrabenen Artemis, heute im Archäologischen Nationalmuseum Neapel (Inv.-Nr. 6008), hat Winckelmann seine Theorie von der Farbigkeit der griechischen Marmorplastik entwickelt, wie die jüngere Forschung nachweisen konnte. Sie wird in der Ausstellung gemeinsam mit modernen Farbrekonstruktionen antiker Plastik vorgestellt, die dank der naturwissenschaftlichen Untersuchungen in den letzten Jahren möglich wurden. Der Katalog enthält Beiträge von Oliver Primavesi, Vinzenz Brinkmann, Ulrike Koch-Brinkmann und Heinrich Piening.