Halbstark und tüchtig
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Der Start ins Leben Die schweren Jahre der Nachkriegszeit gehen zu Ende, der wirtschaftliche Aufschwung wird spürbar. Unter den damals jugendlichen Zeitzeugen macht sich ein neues Selbstbewusstsein breit. Sie erhalten Taschengeld und sparen auf neue Fahrräder oder Mopeds. Die jungen Leute wollen fremde Kulturen und andere Menschen kennenlernen. „Uns Jugendlichen wird diese Welt zu eng“, schreibt Agnes Setzepfand. „Wir sind 15, 16 Jahre alt und träumen von Reisen und Abenteuern.“ Und die Jugendlichen lehnen sich gegen Verbote und Vorschriften auf. Der Rockn Roll, die „unmögliche amerikanische Musik“, wird zum Ausdruck einer Generation, die eine bessere Zukunft erwartet. Doch müssen sich die meisten Jugendlichen ihre neuen Möglichkeiten erst einmal hart erarbeiten. In vielen Haushalten ist das Geld knapp, und Lehrstellen sind rar. Lehrlinge werden oft als billige Arbeitskräfte angesehen. Zwei Wochen Jahresurlaub und 45 Mark Lehrgeld im Monat sind Standard. Aus dem sowjetisch besetzten Teil Deutschlands berichten Jugendliche über die Lebensumstände in der DDR. „Durch die Bodenreform wurden alle Bauern entschädigungslos enteignet, die mehr als 100 Hektar besaßen, ebenso die Ritter- und Kirchengüter“, schreibt Manfred Vogel. „Um weiteren Repressalien zu entgehen, flohen viele Betroffene in den Westen.“ Als Landwirte sind seine Eltern von früh bis spät auf den Beinen, um das staatliche Abgabesoll zu erfüllen und obendrein die Familie zu ernähren. Soll er diesen Beruf wählen? „An mir haftete der Makel, kein Arbeiter- oder Bauernkind zu sein“, erzählt Ursula Fiessler. „Meine Eltern waren auch nicht in der SED. Beides war in der DDR für den gewünschten Berufsweg neben guten Leistungen häufig ausschlaggebend.“ Manches kleine Ereignis läßt heute schmunzeln. So wird Gertraud Berg zum Einsatz in der Landwirtschaft abkommandiert. „Die Amerikaner haben schon wieder Kartoffelkäfer über den Feldern der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft abgeworfen“, hört sie von ihrem Vorgesetzten. Verdreckt, verschwitzt und wütend kommt sie am Abend nach Hause. Dieser Tag sollte ihr auch aus einem anderen Grund im Gedächtnis bleiben. Es war der 17. Juni 1953, der Tag des Volksaufstands in der DDR. „Mein Bruder erzählte an diesem Abend, daß er im Leipziger Hauptbahnhof miterlebt habe, wie Männer von einer Leiter aus das übergroße Stalinportrait an der Wand abstürzen ließen“, erinnert sie sich. In vielen Beiträgen wird über den 17. Juni 1953 berichtet. Hautnah zeichnen die Zeitzeugen ein Bild ihres Alltags. Große und kleine Begebenheiten stehen nebeneinander. Mancher Leser wird sich in den Geschichten wiederfinden, doch auch den Jüngeren bieten sich Einblicke, die in Lehrbüchern nicht auftauchen. Ein wichtiges Zeitdokument der jüngeren deutschen Geschichte ist entstanden.