Philosophische Brocken
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Der letzte Sinn des christlichen Glaubens erschließt sich in einem Tiefenschicht-Erlebnis, das von vielen, und gerade auch von Kierkegaard, als „Wiedergeburt“ zu einem neuen Menschen erlebt wurde. Wie stellt sich dies Erlebnis dar für einen dem Glauben nicht erschlossenen, in objektives Denken gebundenen Verstand, wenn er sich mit höchster Leidenschaft auf die letzten Fragen der geistigen Existenz des Menschen richtet? Kernaussagen des Glaubens werden für ihn zu Paradoxien. Das betrifft vor allem auch den Gottesgedanken und das Verhältnis von Göttlichkeit und Menschheit in Jesus. Wie kann der Verstand damit fertig werden, daß der Glaube das Göttliche auch als geschichtliche Erscheinung, als „in der Zeit“ uns begegnend erfaßt und sich innerlich an diese geschichtliche Erscheinung gebunden sieht, obwohl deren Göttlichkeit für den Verstand unkenntlich sein muß? Mit diesen Fragestellungen hat gerade diese Schrift stark auf Vertreter der dialektischen Theologie und der Existenzphilosophie gewirkt. Bei ihrer Interpretation ist jedoch zu beachten, daß der fingierte, unter dem Pseudonym Climacus eingeführte Verfasser in dieser ganzen Schrift dem letzten Sinngehalt der erörterten Glaubensaussagen als ungläubiger Verstand fremd gegenübersteht. Kierkegaards eigene Haltung gegenüber diesen Fragen erfährt man aus den gleichzeitig veröffentlichten „Erbaulichen Reden“ (s. Erbauliche Reden 1843/44", 7.-9. Abteilung der Gesammelten Werke). - Der Band enthält außerdem das Fragment einer Lehrerzählung vom geistigen Schicksal eines jungen radikalen Zweiflers. Es ist Kierkegaards erster Versuch, die Rückwirkung des philosophischen Gedankens auf die persönliche Existenz an einem Beispiel durchzuführen; als früheres Stadium seiner Kritik an der hegelischen Spekulation ist es wichtig zum Verständnis der Entwicklung seines philosophischen Denkansatzes.